Zweiter Tag des Krieges. Erstes Gedicht

Eine Person dichtet über ihre Erfahrungen am zweiten Tag des Krieges in der Ukraine.

Zweiter Tag des Krieges.

Erstes Gedicht

Natalka Chekh

„Diese Instagram-Musik

ist in Ihrer Region nicht verfügbar“

Dafür sind „Zweihunderter“[1] verfügbar

Und außerdem die Besorgnis der europäischen Gemeinschaft 

Und Schüsse

Schüsse

Schüsse.

„Es gibt nicht genug Lebensmittel und Wasser in den Bunkern"-,

kommentiert der hauptstädtische Sprecher.

Aber es gibt Tränen von jeder von uns.

Und Friedenswünsche

aus Deutschland hauptsächlich.

Sicherheit ist in meiner Region nicht verfügbar.

Wir sind jenseits der Grenzen des internationalen Rechts.

Ich verneige mich tief vor dir

geschätzter und verbrüderter

nördlicher Staat.

Deiner Gebete dank birgt unser Himmel

keine Sterne oder seltsam geformte Wolken

Deiner Gebete dank birgt unser Himmel

die Suche nach Fallschirmjägern

mit dreifarbigen Schulterklappen.

Ich will die Erinnerungen dieser Tage mit einem Brandeisen in mich einbrennen:

von zugeklebten Fenstern

vom allsekündlichen „Seite neu laden“ der Nachrichten

vom vorzeitig aufgefüllten Wasser

und der Luftschutzbunkerkarte der Stadt

Ich will diesen Tag brandmarken,

um, wenn oder falls ich bei alledem überleben sollte,

immer und überall die Entschlusskraft zu haben

in die imperialistische Fresse

laut zu spucken.

[1] „Zweihunderter“ ist ein euphemistischer umgangssprachlicher Ausdruck für tote Soldaten und stammt höchstwahrscheinlich von der verschlüsselten militärischen Bezeichnung „Cargo 200“ ab, der für den Abtransport von gefallenen Soldat*innen vom Schlachtfeld steht. Die Bezeichnung wird seit dem Krieg in Afghanistan in der sovietischen, später russischen und seit dem Krieg in der Ostukraine im Jahr 2014 auch in der ukrainischen Armee verwendet [Anm. d. Ü.].

Другий день війни.

Перший вірш

Наталка Чех

"Ця музика інстаграмі

недоступна в вашому регіоні"

Зате в ньому доступні "двухсоті".

А ще - занепокоєння євроспільноти

І обстріли

обстріли

обстріли.

"У сховищах недостатньо їжі й води"-,  

коментує столичний речник.

Зате в кожної з нас доступно сліз.

І побажань миру,

переважно з Німеччини.

В моєму регіоні недоступна безпека.

Ми поза межами міжнародного права.

Кланяюсь низько в уклін тобі

люба і братська

північна держава.

Твоїми молитвами наш небокрай -

не зірки і не хмари дивної форми.

Твоїми молитвами наш небокрай

це пошук десанту

в триколорних погонах.

Я хочу тавром у собі карбувати дні-спогади:

Про заклеєні вікна

про щосекундне "обновити сторінку" новин,

про завчасно набрану воду

і міський план бомбосховищ

Я хочу затаврувати цей день,

щоб якщо чи коли усе таки виживу

Завжди і усюди мати рішучість

В імперіалістичне їбало

Харкнути звучно.


Dieser Artikel erschien zuerst hier: gwi-boell.de