Ein Denkmal für die Migrationsgesellschaft?
Die Ausstellung "Viva Alemania" befragt den Diskurs um geplante Denkmäler für die sogenannten Gastarbeiter*innen in Deutschland. In Städten wie Hamburg, Essen, Köln und Stuttgart konzentrieren sich die Debatten auf die Rolle der Eingewanderten während des Wirtschaftswunders der Bundesrepublik. Migrant*innen, die ohne Anwerbeabkommen kamen und bis heute kommen, bleiben dabei unerwähnt.
Ausgangspunkt der künstlerischen Recherchen war der Empfang von Armando Rodrigues de Sá als „Einmillionster Gastarbeiter“ 1964 in Köln. Die dabei entstandenen Fotografien machen ihn bis heute zum wahrscheinlich am häufigsten abgebildeten Migranten Deutschlands und sind mittlerweile selbst zu einem visuellen Denkmal geworden.
Der temporäre Stillstand beim Bau des abgebildeten Denkmalsockels wirft die Frage auf, ob das Konzept eines Denkmals grundsätzlich die richtige Form der Erinnerung ist. In Kombination mit der filmischen Reinszenierung des Empfangs stellen die Ausstellung und das Podiumsgespräch im Rahmen der Vernissage eine gezielte Intervention zur Neuperspektivierung des deutschen Selbstverständnisses zur Migration dar.
Zur Eröffnung am 12. Dezember 2024 diskutieren Paulino Miguel, Mekonnen Mesghena und Zahra Alibabanezhad Salem gemeinsam mit dem Publikum, ob und wie ein einziges Denkmal die vielfältigen Erfahrungen aller eingewanderten Menschen abbilden kann. Dabei wird auch das Konzept des Denkmals als Ausdrucksform der Erinnerung kritisch beleuchtet.
Die Podiumsgäste
Zahra Alibabanezhad Salem hat Politikwissenschaft in Heidelberg studiert. Sie ist Vorsitzende des Migrationsbeirates in Mannheim und stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes der kommunalen Migrantenvertretungen Baden-Württemberg (LAKA).
Paulino José Miguel war bis Ende der 80er Jahre mosambikanischer Vertragsarbeiter in der DDR. Er arbeitete an Projekten zur Reintegration von Kindersoldaten, war Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei DOMiD in Köln und am Institut für Bildungswissenschaft in Heidelberg. Heute leitet er den Fachbereich Migration und Entwicklungspolitik beim Forum der Kulturen Stuttgart e.V., fördert Bildungsarbeit und berät migrantisch-diasporische Vereine.
Mekonnen Mesghena leitet das Referat "Migration & Diversity" der Heinrich-Böll-Stiftung, wo er sich auf Politikanalyse und -beratung, internationale Fachkonferenzen und die strategische Einführung von Diversity in Institutionen konzentriert.
Moderation: Aisha Camara ist Kuratorin, freie Moderatorin und interdisziplinäre Kommunikationsberaterin. Ihr Schaffen verortet sie an den Schnittstellen zwischen diskriminierungskritischer Kommunikation, Anti-Rassismus, rechter Gewalt, Antidiskriminierung, Kultur und politischer (Jugend-) Bildung.
Die Künstler*innen
Mala Reinhardt arbeitet als Regisseurin und Produzentin von Dokumentarfilmen. Sie studierte Regie an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Potsdam und zuvor Ethnologie in Köln, Neu-Delhi und Kampala. In ihrer filmischen Arbeit konzentriert Mala sich vor allem auf unerzählte Geschichten aus migrantischer und feministischer Perspektive.
Patrick Lohse hat an der Folkwang Universität der Künste Fotografie studiert. Ausgehend von Strategien des Dokumentarischen verbindet er in seinen Arbeiten verschiedene mediale Techniken miteinander. Seine Fotografien, Filme und Installationen stellen vor allem Themen zentral, die in den öffentlichen Diskursen unterrepräsentiert sind. Im Fokus der vergangenen Jahre stand dabei die kritische Auseinandersetzung mit deutscher Erinnerungskultur sowie Gefängnis und Strafe. Seit 2021 ist Patrick Lohse auch als Lehrbeauftragter für künstlerische Fotografie an der Ruhr-Universität in Bochum tätig.
Veranstaltungsort
Palermo Galerie
Prisma/Schwabenbräu Passage
Bahnhofstraße 14-18
70372 Stuttgart
Die Ausstellung kann vom 12.12.24 bis zum 09.01.25 in der Galerie Palermo angesehen werden.
Öffnungszeiten: Freitag, 16:00-18:00 Uhr oder nach Vereinbarung per E-Mail.
Weitere Veranstaltungen des Rahmenprogramms
13. Dezember, 19:00 Uhr
Gastarbeiter Kinder erzählen - ein interaktives Podiumsgespräch, veranstaltet vom Lernort Geschichte
Luka, Fatma und Elena sind Nachfahr:innen von sogenannten Gastarbeiter:innen. Sie werden auf der Ebene familiärer Erzählungen über die damaligen Erfahrungen in Deutschland berichten. Doch auch ihre persönliche Einordnung als Nachfahr:innen werden von Bedeutung sein sowie ihre individuellen Wünsche für die Zukunft im Umgang mit den “Gastarbeiter:innen".
Interessierte Besucher:innen erhalten die Gelegenheit über ein offenes Mikro Fragen zu stellen, ihre eigenen Geschichten mit der Runde zu teilen und in einen solidarischen Austausch mit anderen zu treten.