Die Frauenquote in der Kommunalpolitik in Deutschland

Fragen und Antworten

Was ist eine Frauenquote? Und wie wird sie im Vorstand oder den Parteien umgesetzt? Fünf häufig gestellte Fragen und Antworten.

Lesedauer: 9 Minuten

Häufig gestellte Fragen

  • Was ist eine Frauenquote und warum gibt es sie?

  • Welche Quotenregelungen für die Aufstellung von Wahllisten haben die Parteien?

  • Worin unterscheidet sich das Kommunalwahlrecht in verschiedenen Bundesländern?

  • Welche Auswirkungen haben die unterschiedlichen kommunalen Wahlsysteme auf die Repräsentation von Frauen?

  • Welche kommunalen Ämter und Mandate gibt es und wie werden sie gewählt? Welchen Zusammenhang gibt es mit der Repräsentation von Frauen?


    1. Was ist eine Frauenquote und warum gibt es sie?

    Eine Frauenquote besagt, dass ein bestimmter Teil von Ämtern, Stellen oder Mandaten von Frauen besetzt sein muss. Die Frauenquote geht zurück auf das Gleichstellungsgebot im Grundgesetz. Dort heißt es in Art 3 Absatz 2: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Die Quote ist ein wesentliches Instrument dieser „tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung“. Sie hat ihren Hintergrund in der Diskriminierung von Frauen, die sich darin ausdrückt, dass Frauen der Zugang zu politischer bzw. wirtschaftlicher Macht oder besser bezahlten, einflussreicheren Stellen lange Zeit verwehrt wurde und noch immer erschwert ist. Die Frauenquote ist ein wirksames Instrument der Gleichstellung von Frauen. Frauenquoten gibt es nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft: Seit 2015 besteht die gesetzliche Verpflichtung für große Unternehmen (mit mehr als 2.000 Mitarbeiter/innen), ihre Aufsichtsräte zu 30 Prozent mit Frauen zu besetzen. Zu diesem Zeitpunkt setzte sich die Einsicht durch, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht zum Ziel eines gleichberechtigen Zugangs von Frauen zu machtvollen Posten in der Wirtschaft führt.

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    2. Welche Quotenregelungen für die Aufstellung von Wahllisten haben die Parteien?

    Die im deutschen Bundestag vertretenen Parteien haben unterschiedliche Quotenregelungen für die Besetzung von Kandidat/innenplätzen im innerparteilichen Nominierungsprozess auf den Wahllisten mit Frauen. Bündnis 90/Die Grünen und die Linke haben eine verbindliche 50-Prozent-Quote in ihren Satzungen verankert, das heißt, dass mindestens jeder zweite Listenplatz mit einer Frau besetzt werden muss. Die SPD hat eine verbindliche 40 Prozent-Quote. Die CDU hat seit neuesten ebenfalls Frauenquoten für parteinterne Ämter und auch für die Aufstellung von Listen für die Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen beschlossen. Unter drei aufeinander folgenden Plätzen solle mindestens eine Frau sein. Diese Quote gilt aber nicht für die Aufstellung von Kommunalwahllisten. Dort gilt weiterhin das „Frauenquorum“ - ein Ziel von einem Drittel, das aber keine Verpflichtung für die Listenaufstellung bedeutet. Die CSU verpflichtet sich zwar bei der Besetzung von Parteiämtern zur Anwendung von Quotenregelungen, diese gelten jedoch nicht für öffentliche Wahlämter. Die FDP und die AfD haben keine Frauenquoten und lehnen dieses Instrument ab.

    Die tatsächlichen Frauenanteile unter Mandatsträger/innen sowohl auf Bundesebene als auch auf der kommunale Ebene (Ratsmandate in Großstädten) korrespondieren 2022 mit den parteispezifischen Quoten: Die Grünen übererfüllen die Frauenquote auf beiden Ebenen; die Linke im Bund; in den deutschen Großstädten erreicht die Partei die 50%-Quote knapp. Die SPD verwirklicht auf beiden Ebenen ihre 40-Prozent-Quote. Die CDU-Fraktion im Bundestag besteht zu ca. 24 Prozent, die CSU-Fraktion zu 22 Prozent aus Frauen. Die CDU verfehlt damit auf Bundesebene klar ihr Quorum. In den Großstädten kommt die CDU derzeit auf einen Frauenanteil von 30 Prozent, die CSU sogar auf 42 Prozent. Die FDP erreicht auch ohne Quotenregelung sowohl auf Bundes- als auch auf kommunaler (Großstädte-)Ebenen in etwa das Niveau der Repräsentation von Frauen der CDU (in den Großstädten leicht darunter, im Bundestag leicht darüber). Mit nur von etwas über 13 Prozent auf Bundes- wie auf kommunaler Ebene bleibt der Anteil von Frauen sehr gering, die für die AfD ein parlamentarisches Mandat innehaben.

    Beachtet werden muss, dass die Quoten nur Auswirkungen auf die Parteilisten haben, was sowohl für die Bundestags- als auch Kommunalwahlen gilt. Über die Parteilisten wird in der Regel mit der Zweitstimme abgestimmt. Bei der Aufstellung der Direktkandidat*innen in den Wahlkreisen spielen Quotenregelungen keine Rolle. Die Direktmandate für die Kommunalwahlen werden in der Regel den Ortsvereinen bzw. Ortsverbänden der Parteien vergeben – ein Verfahren, das offensichtlich Männer begünstigt.

    Bei Kommunalwahlen wird in den meisten Bundesländern in unterschiedlichen Verfahren über Listen abgestimmt, in denen die Quotenregelungen grundsätzlich angewandt werden können (s. Frage 3 und 4). In den Bundesländern NRW, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein gibt es auch bei Kommunalwahlen Direktwahlkreise, was in diesen Bundesländern die Chancengleichheit von Kandidatinnen erschwert. (s. Frage 4)

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    3. Worin unterscheidet sich das Kommunalwahlrecht in verschiedenen Bundesländern?

    Es gibt im Groben drei Systeme, nach denen in den Bundesländern Kommunalwahlen durchgeführt werden: die Verhältniswahl mit freien bzw. offenen Listen, die Listenwahl und die (personalisierte) Verhältniswahl mit starren Listen. In den meisten Bundesländern werden die Kommunalparlamente in einer Verhältniswahl mit offenen Listen gewählt (Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt Thüringen). Die Parteien treten mit intern aufgestellten Listen zur Wahl an. Die Wähler/innen haben mehrere Stimmen (in sieben Bundesländern sind es 3 Stimmen, in vier Bundesländern ist es die Zahl der zu vergebenden Mandate). Die Verhältniswahl mit offenen Listen ist immer mit der Möglichkeit zum Kumulieren und Panaschieren kombiniert. Kumulieren bedeutet, dass der/die Wähler/in einer Bewerberin/einem Bewerber bis zu drei Stimmen geben kann. Beim Panaschieren können die Wähler/innen ihre Stimmen auf unterschiedliche Parteilisten verteilen. Im Ergebnis folgt die konkrete Auswahl von Mandatsträger/innen in den Kommunalparlamenten aus den Präferenzen der Wählenden für bestimmte Personen.

    Im Saarland und Berlin gibt es die Verhältniswahl mit geschlossenen Listen. Die Wähler/innen haben nur eine Stimme, wodurch sie faktisch nur für eine Parteiliste stimmen können. Daher beeinflusst die Partei mit ihren Listenplatzierungen, wer eine höhere Chance hat, in das Parlament einzuziehen.

    In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gilt das personalisierte Verhältniswahlrecht mit starren Listen. Dieses funktioniert ähnlich wie bei der Bundestagswahl – mit dem Unterschied, dass bei Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen und in Großstädten in Schleswig-Holstein jede/r Wähler/in nur eine Stimme hat, die sie/er einer/m Direktkandidat/in im Wahlkreis gibt und damit automatisch die Partei des Direktkandidaten/ der Direktkandidatin wählt. Gewinnt eine Partei mehr Direktmandate als ihr nach der Verhältniswahl zustehen, gibt es Ausgleichsmandate für andere Parteien.

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    4. Welche Auswirkungen haben die unterschiedlichen kommunalen Wahlsysteme auf die Repräsentation von Frauen?

    Die personalisierte Verhältniswahl hat häufig negative Auswirkungen auf die Repräsentation von Frauen, da für die Direktwahlkreise von jeder Partei nur nur ein/e Kandidat/in aufgestellt wird. Die innerparteiliche Kandidat/innenauswahl liegt meist bei der Parteiführung der Ortsvereine, wo bei den liberal-konservativen Parteien und in ländlichen Regionen häufig Männer andere Männer nominieren. Dieser Zusammenhang wurde in der Parteiforschung verschiedentlich belegt (LINK: z.B. Danny Schindler (2020); Holtkamp, Lars, Schnittke, Sonja (2010)).Neue wissenschaftliche Forschung belegt, dass Wähler/innen, die selbst über Kumulieren und Panaschieren (Begriffserklärung, siehe Frage 3) bei der Verhältniswahl mit offenen Listen Einfluss auf die Zusammensetzung der Kommunalvertretungen ausüben, Frauen nicht diskriminieren bzw. nicht weniger wählen (LINK: Holtkamp/Dressman 2022; Holtkamp et al. 2013).

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    5. Welche kommunalen Ämter und Mandate gibt es und wie werden sie gewählt? Welchen Zusammenhang gibt es mit der Repräsentation von Frauen?

    „Eine Kommune ist in Deutschland aus rechtlicher Sicht keine vollwertige Staatsebene, auch wenn ihre Organe und Rechte dies nahelegen (demokratisch gewählte Vertretungskörperschaft, Schaffung von örtlichem Recht durch Satzungen). Sie ist vielmehr eine Körperschaft mit Selbstverwaltungsrecht.“ (LINK: Wolfgang Pohl, Kommunalwiki, 2022) Das bedeutet, dass kommunale Entscheidungen rechtlich gesehen Verwaltungsangelegenheiten sind, die Entscheider/innen aber gewählt und durch demokratische Gremien kontrolliert werden. In Bezug auf Kommunalpolitik in Deutschland wird auch von einer faktischen Parlamentarisierung gesprochen.

    Es gibt in Kommunen Ämter, die eher der Verwaltung zugeordnet werden, sozusagen die „Exekutive“. Das sind kommunale Wahlbeamt/innen. Dazu gehören die hauptamtlichen (Ober-)Bürgermeister/innen, die die gesamte Verwaltung leiten, und die Wahlbeamt/innen, die die Leitung von einzelnen Geschäftsbereichen der Kommune übernehmen. Die Wahlbeamt/innen mit Geschäftsbereichen werden je nach Bundesland unterschiedlich bezeichnet: Dezernent/in, Beigeordnete, Referent/in oder auch einfach nur „Bürgermeister/in“.

    Die hauptamtlichen Oberbürgermeister/innen bzw. Bezirksbürgermeister/innen werden in allen Bundesländern (außer in Berlin) direkt von der Bevölkerung gewählt. Die Amtszeit von Bürgermeister/innen variiert zwischen den Bundesländern: Meist beträgt sie fünf Jahre, sie kann aber auch bis zu zehn Jahren dauern. Die Amtszeiten der Ober-Bürgermeister/innen stimmen nicht immer mit denen der Kommunalvertretungen überein. Der Frauenanteil unter den Oberbürgermeister/innen von Großstädten schwankte in den letzten 14 Jahren auf niedrigem Niveau, meist unter 15 Prozent.

    Die kommunalen Wahlbeamt/innen werden von den Kommunalvertretungen gewählt. Die Amtszeiten unterscheiden sich je nach Bundesland. Meist dauert die Amtszeit der Beigeordneten/Dezernent/innen länger als die Wahlperiode des Kommunalparlamentes. Häufig haben die stärksten Fraktionen bzw. kooperierende Fraktionen im Gemeinderat/Stadtrat ein Vorschlagsrecht.

    Zusammenhang mit Frauenrepräsentation: Der Anteil der Dezernentinnen ist in den Jahren 2008 den Erhebungen der FernUniversität Hagen zufolge kontinuierlich von ca. 18 auf über 30 Prozent 2022 gestiegen. Die Forscher/innen der FernUni führen das darauf zurück, dass bei der Besetzung dieser Posten die fachliche Qualifikation eine stärkere Rolle spielt als parteipolitische Loyalität und dass Frauen deshalb bessere Chancen haben.

    Weiterhin gibt es in Kommunen Mandate und Ämter, die eher dem „parlamentarischen“ bzw. „legislativen“ Bereich zugeordnet sind. Mandate bekleiden diejenigen, die durch allgemeine, gleiche und freie Wahlen in die Stadträte/Kommunalparlamente entsandt wurden – die einfachen Ratsmitglieder. Fraktionsvorsitzende und Ausschussvorsitzende wiederum bekleiden Ämter und werden von den Ratsmitgliedern gewählt. Fraktionsvorsitzende werden von der eigenen Fraktion gewählt. Zur Bestimmung der Ausschussvorsitzenden gibt es verschiedene Verfahren. Die Vergabe der Ausschussvorsitze hängt in der Regel von der Größe der jeweiligen Faktion ab. Das genaue Verfahren hängt von den jeweiligen Regelungen der Kommunalverfassungen der Bundesländer ab.

    Zusammenhang mit Frauenrepräsentation: In Deutschland hat sich der Frauenanteil unter den Ratsmitgliedern in Großstädten langsam und kontinuierlich auf niedrigem Niveau gesteigert: von 32,8 % auf 37,3 %. Die Frauenanteile unter den Fraktions- und Ausschussvorsitzenden schwanken stark und haben erst in der Erhebung von 2022 ein Niveau von über 25 % der Fraktionsvorsitzende und 31 % der Ausschussvorsitzende erreicht. Der Frauenanteil dieser kommunalen Führungspositionen hängt statistisch über den Zeitverlauf der letzten 14 Jahre gesehen vom Frauenanteil unter Ratsmitgliedern ab.

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Dieser Artikel erschien zuerst hier: www.boell.de