Ein Gespräch mit Prof. Dr.in Julia Hansch, Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim | Sind Frauen die besseren Klimapionierinnen? | 11. Dezember 2021
Ulrike Röhr:
Beginnen würde ich gerne mit Julia Hansch. Sie ist Professorin und Studiengangs-Leiterin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und fokussiert sich hier auf den Bereich Spedition, Transport und Logistik. Außerdem ist sie stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mannheim und arbeitet vor allem zu Personalmanagement. Frau Hansch, Sie haben das Wort.
Julia Hansch:
Vielen Dank, Frau Röhr. Ich musste gerade schmunzeln. Ich mache das an der Hochschule mittlerweile auch so, dass ich sehr viele Damen einlade. Ich bin eine der wenigen Frauen, die bei uns Professorin ist und die Einzige im Bereich Logistik. Insofern kann ich Ihre Worte wunderbar nachvollziehen.
Ich möchte Ihnen kurz die Logistik vorstellen. Und vorweg gesagt, in der Logistik gibt es wenige Führungs-Frauen. Es wird am Ende dieses Inputs eine Frau geben, die ich persönlich als Rollenvorbild erachte und Ihnen vorstellen möchte. Es gibt sie auch, die Frau in der Logistik. Ich bilde viele Frauen aus, aber auf dem Weg nach oben fallen dann doch einige Frauen aus der Pipeline heraus und das gilt es natürlich zu ändern.
Die Logistik ist, man glaubt es vielleicht gar nicht, die drittgrößte Branche Deutschlands, mit einem Umsatz von fast 270 Milliarden Euro im letzten Jahr und über 3 Millionen Beschäftigten. Im Bereich der Logistik reden wir natürlich nicht nur vom Straßenverkehr, um den es ja gleich gehen wird, sondern auch von Seeschifffahrt, Flussschifffahrt, Flugverkehr, und so weiter. Ich möchte Ihnen einige Zahlen nennen zum Thema Straßengüterverkehr, da dieser ja als einer der sehr großen CO2-Treiber in Deutschland und weltweit gilt. Bevor wir das machen, möchte ich Ihnen auch die PWC-Studie von letztem Jahr zum Thema Nachhaltigkeit in der Logistik nahelegen. Dazu zeige ich Ihnen jetzt zwei Erkenntnisse, die können Sie auch wunderbar nachlesen. Es ist eine Studie, die wirklich zeigt, wie die Logistik die Welt verbindet, welchen Einfluss sie hat und was sie vielleicht auch noch ändern kann.
Auf der einen Seite stellt die Logistik als Branche, theoretisch, Klima-, Umwelt- und sozial verträgliche Transportlösungen bereit, die ihren Beitrag leisten sollen, die Klimakurve abzuflachen. Auf der anderen Seite sorgt sie aber auch für Transportketten, die die Waren ja aus aller Herren Länder zu uns und von uns wegbringen und die auch mit den sich verändernden Klima- und Umweltbedingungen klarkommen müssen. Allerdings ist es leider so, dass viele Unternehmen im Bereich Logistik zu defensiv und zu reaktiv agieren. Und man kann sagen, da zitiere ich wörtlich, dass Nachhaltigkeit zur „Zeitbombe“ werden wird für Transport- und Logistik-Unternehmen, die sich ihrer Verantwortung eben nicht bewusst werden. Und ich glaube, da können mehr Frauen in der Führung durchaus helfen.
Das möchte ich Ihnen auch noch zeigen, was sich denn im Bereich Transport und Logistik ändert. Die Kunden haben sehr viel höhere Anforderungen, das kennen Sie bestimmt aus dem privaten Bereich, aus dem Wirtschaften. Wir möchten immer wissen, wo unsere Waren sind. Wir möchten die Waren pünktlich, sicher und ohne Staus bei uns haben. Wir haben immer mehr Wettbewerber. Die Marge im Logistikumfeld ist ganz, ganz gering. Kosteneffizienz könnte einen Beitrag leisten, indem wir zum Beispiel keine Leerfahrten mehr haben, indem zum Beispiel der LKW, der von Stuttgart nach Hamburg fährt, auch voll wieder zurückfährt und nicht leer. Sie können über autonomes Fahren nachdenken, über alle möglichen anderen Antriebe und könnten, um nachhaltiger zu werden, zum Beispiel über Transparenz reden, über verzahnte Logistikketten, über strategische Änderungen und auch über ambitionierte Ziele. Aber, man kann sich fragen, ist denn der Wille zur Umsetzung in diesen Branchen da?
Wir haben, was den Straßengüterverkehr angeht, einen Sektor mit Emissionen, die von Jahr zu Jahr sinken, weil die Fahrzeuge effizienter werden. Aber wir haben immer mehr Tonnen-Kilometer, das heißt, wir haben immer mehr LKW, die auf den Straßen unterwegs sind. Insofern wird diese eigentlich schöne Entwicklung, dass die LKW sauberer fahren, durch das Mehr an LKWs, was durch die Corona-Pandemie natürlich noch befeuert wurde, konterkariert werden. Eine Möglichkeit, um von dieser Schieflage wegzukommen, wäre natürlich die Schiene. Der Schienengüterverkehr in Deutschland, das wissen Sie vielleicht auch selbst, macht leider nicht mal 20 % der gesamten Transportleistung aus, obwohl die Bahn sehr klimafreundlich und sehr effizient fährt. In der Schweiz, ich weiß, sie ist ein kleineres Land mit einer anderen Fläche, gar keine Frage, hat die SBB aber einen deutlich höheren Anteil an der Transportleistung. Davon können wir uns vielleicht das eine oder andere abgucken.
Und abschließen möchte ich mit einer, wie ich finde, wirklich tollen Frau, die in der Logistik im Güterverkehr sehr weit oben steht und sehr prominent ist und sich auch äußert für alle möglichen Themen, um Logistik nach vorne zu bringen. Das ist Frau Sigrid Nikutta. Sie war einige Jahre lang die Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe und ist seit zwei Jahren Vorstandschefin des Güterverkehrs der Deutschen Bahn. Sie setzt sich enorm für Frauen in der Logistik ein und auch für die Logistik auf der Schiene. Und sie hat gesagt, dass der Güterverkehr weiter wachsen wird. Das glaube ich auch. Und wir haben jetzt aber die Chance, das Wachstum von der Straße, vom Seeverkehr, auf die Schiene zu holen. Weniger Staus, umweltfreundliche Transporte - das kann zum Beispiel DB Cargo als eines der großen Güter-Verkehrsunternehmen. Und jetzt habe ich genau fünf Minuten geredet und übergebe das Wort zurück und freue mich später auf Fragen.