Vorwort
Die „Neue Rechte“ wird im Diskurs häufig zur Erklärung einer aktuellen Entwicklung herangezogen, die meist mit dem Begriff „Rechtsruck“ bezeichnet wird. Zu Recht wird häufig eingewandt, dass es sich dabei eher um eine Aktivierung und Bündelung bereits länger vorhandenen Potenzials auf der Einstellungsebene handelt.
Die „Neue Rechte“, sei es als Akteur oder Ideengeschichte, wird einem von vielen in der Politik und den Medien als eine Art Schlüssel zum Verständnis der AfD präsentiert. Ob das so zutrifft, soll in diesem Text genauer betrachtet werden.
Dabei ist die Bezeichnung „Neue Rechte“ anfällig für Missverständnisse, da sie in Vergangenheit von Medien und der Zivilgesellschaft gerne für jedes neue Phänomen im Bereich der extremen Rechten verwendet wurde. So wurde beispielsweise die Partei Die Republikaner auch als „Neue Rechte“ bezeichnet. Gemeint ist in diesem Text aber eine spezifische Strömung der extremen Rechten. Mit dieser Strömung haben sich vor 2013 nur sehr wenige Wissenschaftler*innen und vor allem „Nerds“ aus der Antifa-Recherche beschäftigt. Inzwischen sind die Medien auf das Thema aufmerksam geworden und es werden vermehrt wissenschaftliche Texte zu dem Thema verfasst. Nicht jeder Text zur „Neue Rechten“ erweitert den Erkenntnis-Horizont und so mancher Artikel oder viele Interviews geben eher unkritisch das Selbstbild der Protagonist*innen wieder, als es kritisch zu hinterfragen.
Im Folgenden soll die „Neue Rechte“ genauer dargestellt werden. Dabei wird der Begriff mit Anführungszeichen eingehegt, um eine Distanz klar zu machen. Denn der Begriff wird zum Teil als Selbstbezeichnung verwendet und der Name suggeriert eine Neuheit, die gar nicht zutrifft, da die meisten „neurechten“ Bezugspersonen im Rechtsextremismus der Weimarer Republik zu finden sind.
Was ist neu an der „Neuen Rechten“?
Die „Neue Rechte“ ist alt und relativ neu zugleich. Zum einen beinhaltet sie ein altes Denken aus den 1920er und 1930er Jahren, zum anderen ist sie eine extrem rechte Strömung, die sich in Westdeutschland in den 1970er Jahren herausgebildet hat. Mit der extremen Rechten ist eine politische Positionierung gemeint, der ein völkischer Nationalismus, ein Anti-Egalitarismus und Autoritarismus als gemeinsame Grundlage dient. Ihr Anti-Egalitarismus, also die Positionierung gegen Gleichheit, bezieht sich auf Herkunft, Geschlecht und zum Teil auch auf die soziale Stellung oder Religion.
Wichtigster historischer Bezugspunkt der „Neuen Rechten“ ist die so genannte „Konservative Revolution“, ein Kampfbegriff der damaligen Jungkonservativen. Es handelt sich um Gruppe von antidemokratischen, rechten Vordenkern in der Weimarer Republik. Einer von ihnen war Edgar Julius Jung. Dieser schrieb 1932 in seinem Buch „Deutsche über Deutschland. Die Stimme des unbekannten Politikers“:
Konservative Revolution nennen wir die Wiederinachtsetzung aller jener elementarer Gesetze und Werte, ohne welche der Mensch den Zusammenhang mit der Natur und mit Gott verliert und keine wahre Ordnung aufbauen kann. An die Stelle der Gleichheit tritt die innere Wertigkeit, an die Stelle der mechanischen Wahl das organische Führerwachstum, an Stelle bürokratischen Zwangs die innere Verantwortung echter Selbstverwaltung, an die Stelle des Massenglücks das Recht der Volksgemeinschaft.[1]
Bei Jung war das Ziel die „Volksgemeinschaft“, andere beschrieben einen Ständestaat, aber immer ging es darum die Weimarer Demokratie durch ein autoritäres System zu ersetzen. Im erklärten Widerspruch zum Monarchismus mit seinem restaurativen Ansatz wollten die konservativen Revolutionäre aber etwas Neues schaffen und nicht einfach etwas Altes wieder herstellen.
Organisiert waren die rechten Republikfeinde in Zirkeln und Clubs. Im Gegensatz zum Nationalsozialismus gab es keine Massenbasis. Tatsächlich hatten viele politische Vorfahren der „Neuen Rechten“ eher Verachtung für Hitler und seinen braunen Pöbel übrig. Gemeinsame Berührungspunkte im politischen Denken mit dem Nationalsozialismus führten trotzdem manche konservative Revolutionäre in den NS-Staat, andere widersetzten sich. Die vor 1933 betriebene Unterminierung der Weimarer Republik kam dem Nationalsozialismus in jedem Fall zugute.
Die Bezugspersonen der „Neuen Rechten“ aus der Zeit vor 1933 sind sehr unterschiedlich ausgerichtet gewesen. Sie waren eher über Feindbilder vereint als über gemeinsame Ziele. Zu ihnen zählen beispielsweise der Historiker Arthur Moeller van den Bruck (1876–1925), der Jurist Carl Schmitt (1888–1983) oder der Schriftsteller Ernst Jünger (1895–1998). So gibt es keinen zentralen Text, auch wenn einige Werke wichtig sind. Diese unterschiedlichen Texte fungieren bis heute als „Ideenspeicher der Neuen Rechten“ (Kurt Lenk).
Die langen Traditionslinien verbergen sich auch in Begrifflichkeiten. So nennt das „neurechte“ Institut für Staatspolitik (IfS, siehe unten) seine Veranstaltungen „Politisches Kolleg“, vermutlich in Anlehnung an das „Politische Kolleg“ des jungkonservativen Juni-Klubs der Weimarer Republik. Von dem extrem rechten Publizisten Armin Mohler (1920–2003) wird die „Konservative Revolution“ im Rückblick als eigenständige „Denkfamilie“ konstruiert. Der Begriff ist zwar auch schon in der Weimarer Republik in Verwendung gewesen, aber Mohler konstruiert einen, von NS-Verwicklungen scheinbar bereinigten, Traditionsstrang. Der Buchautor und Journalist Toralf Staud kommentierte diesen Versuch kritisch: „Die Neue Rechte versuchte nicht mehr, Hitler von seinen Verbrechen, sondern den deutschen Nationalismus von Hitler zu trennen.“[2] Dabei schlägt er ungeniert ganze Bewegungen wie die Landvolkbewegung oder Einzelpersonen wie Thomas Mann der „Konservativen Revolution“ zu. Auch wenn diese Gruppen und Personen nur teil- bzw. phasenweise etwas mit rechtem, antidemokratischem Denken zu tun hatten.
Die Konstruktion der „Konservativen Revolution“ als „Denkfamilie“ wird später von extremen Rechten aufgegriffen, die aus den Versatzstücken des nicht-nationalsozialistischen Teils des Weimarer Rechtsextremismus die ideologischen Vordenker der „Neuen Rechte“ bilden. Damit versuchte man auch aus dem Schatten des Nationalsozialismus und seiner Verbrechen herauszutreten. Eine Abgrenzung findet nicht nur in Bezug auf die Vergangenheit statt, sondern auch in Bezug auf die Gegenwart zur (neo)nazistischen Rechten, die quasi als „Alte Rechte“ fungiert. So steht der deutschnationale Hitler-Attentäter Graf von Stauffenberg und die Wehrmachts-Militäropposition vom 20. Juni in „neurechten“ Kreisen hoch im Kurs, während Neonazis sie ihn „Verräter“ diffamieren.
Allerdings verschwimmen gerade bei der radikalen „Neuen Rechten“ die Grenzen zum klassischen Neonazismus teilweise auf der Straße bei Demonstrationen oder in Hinterzimmern. Dass die Grenzen fließend sind, zeigte sich u.a. darin, dass Arne Schimmer von 2003 bis 2004 als Lektor beim „neurechten“ Antaios-Verlag war. Schimmer war NPD-Landtagsabgeordneter und ist „Alter Herr“ einer extrem rechten Burschenschaft.[3] Für einzelne „neurechte“ Institutionen wie das „Thule-Seminar“ mit Sitz in Kassel und seiner Affinität zu SS-Esoterik und NS-Rassenideologie lässt sich sogar sagen, dass es keinerlei erkennbare Abgrenzung gibt.[4]
Im Gegensatz zu Neonazis wird Straßengewalt als strategisches Mittel von der „Neuen Rechten“ abgelehnt. Gleichzeitig kommt es zu einer beständigen Verherrlichung von Krieg, Militarismus und kriegerischer Männlichkeit, zum Beispiel in Form eines regelrechten Fankults um die Freikorps und ihre Kämpfe 1918-23. Dazu gesellt sich eine beständige Untergangsstimmung. So verwundert es dann nicht, dass es vereinzelt zu Gewalt und Gewalt-Vorbereitung kommt. Selbst zum Rechtsterrorismus gibt es Verbindungen, etwa in Form einer Geldspende von 1.500 Euro im Januar 2018 des späteren Christchurch-Massenmörders Brenton Tarrant an den „neurechten“ Influencer Martin Sellner.[5] Auch der Rechtsterrorist Anders Behring Breivik verstand sich als „Konservativer Revolutionär“. Volker Weiß, ein Kenner der „Neuen Rechten“, schrieb 2011 zutreffend:
Die „Konservative Revolution“ war militant antiwestlich, antiliberal und antimarxistisch. Ganz wie in Breiviks Manifest wurde der Zyklus von Kulturverfall und Erneuerung beschworen, als dessen Stationen Dekadenz, Krise, Kampf und Wiedergeburt galten.[6]
Zusammengefasst stellt die „Neue Rechte“ eine Art intellektuelles Modernisierungsprogramm der extremen Rechten. Sie ist zumindest potenziell antidemokratisch, denn dem Erhalt des Volkes und des homogenen Staats wird alles andere untergeordnet. Oder in den Worten von Karlheinz Weißmann ausgedrückt: „Primär ist der Staat, sekundär ist die Demokratie.“[7] Durch ihre ideologischen Verbindungen und den Bezug auf den historischen Rechtsextremismus kann die „Neue Rechte“, insbesondere ihr radikaler Flügel, dem Faschismus zugerechnet werden. Der bekannte britische Faschismus-Forscher Roger Griffin schrieb 2015:
Kurz gesagt, die Neue Rechte hat nachweislich einen faschistischen Stammbaum und ist der faschistischen Ideologie zutiefst verpflichtet. Auch wenn sie sich als metapolitisch ausgibt, ist sie doch keineswegs a-politisch und ihre Ideologie zeigt klare strukturelle Affinitäten zu den radikalen rechten und faschistischen Traditionen der Anti-Aufklärung, des Anti-Liberalismus und des konterrevolutionären Denkens. […] Dies mag noch nicht ausreichen, sie faschistisch zu nennen, aber es ist hilfreich, sie im Kontext der vergleichenden Faschismusforschung zu berücksichtigen. Es ist weniger wichtig, wie wir ein Phänomen bezeichnen, als zu erkennen, dass seine kaum verdeckten Ziele darin bestehen, die kulturelle Hegemonie der liberalen Demokratie und des Kapitalismus zu überwinden – so dass extreme Xenophobie geschürt wird, einer ethnozentrischen Ablehnung multikultureller Gesellschaften und des Materialismus das Wort geredet werden, indem Weltoffenheit, parlamentarische Demokratie und Finanzkapitalismus attackiert werden – ganz im Stile der Vertreter der Los-von-Weimar-Bewegung wie Moeller van den Bruck, Oswald Spengler und Julius Evola.[8]
„Neurechte“ Inhalte
Feindbild Liberalismus
Die „Neue Rechte“ vertritt prinzipiell die üblichen Inhalte der extremen Rechten, also auch deren Feindbilder. Allerdings nimmt die „Neue Rechte“ eine andere Schwerpunktsetzung vor. Als Hauptfeind gilt ihr der gesellschaftliche Liberalismus. Die liberale Modernisierung und Pluralisierung der Gesellschaft werden als nachhaltige Schwächung interpretiert, die Einwanderung, LSBTTIQ*-Bewegung etc. erst als Folgeerscheinungen hervorgerufen haben. Nach „neurechten“ Verständnis ist somit z.B. nicht die „Islamisierung des Abendlandes“ das eigentliche Problem, sondern die liberale Moderne, die diese erst möglich gemacht habe. So schreibt Martin Sellner in einem Nachwort zu einem 2016 im Antaios-Verlag erschienenen Buch: „Wir wissen genau, daß es die eigene Dekadenz und der liberalistische Werteverfall sind, die Europa erst sturmreif für die Invasion der Fremden gemacht haben.“[9]
In das große Feindbild Liberalismus werden als Feinde markierte Ideologien wie „Kulturmarxismus“, „Genderisierung“ oder „der Feminismus“ als eine Art Symptom oder Folgeerscheinung eingeordnet. So stellt zum Beispiel der Antifeminismus einen wichtigen, oft übersehenen Bestandteil „neurechter“ Ideologie dar. Dieser darf trotz einer inhaltlichen Nähe nicht mit Sexismus und Mysogynie verwechselt werden. Sexismus ist die Zuweisung von Eigenschaften an Personen über die Zuordnung zum weiblichen Geschlecht und Mysogynie ist (krankhafter) Frauenhass. Ideologischer Antifeminismus richtet sich gegen den Feminismus, dem z.B. die Auflösung traditioneller Familien-Strukturen vorgeworfen wird. Dabei differenziert der Antifeminismus nicht zwischen den verschiedenenFeminismen. Für ihn gibt es nur „den Feminismus“. Diesem Feminismus bzw. seiner Chimäre wird eine „zersetzende“ Wirkung zugeschrieben. Dieser wolle die natürliche Ordnung, besonders die bürgerliche Familie, zerstören. Feminismus wird dabei zum Teil als eine Art linker Verschwörung gesehen, deren Ziel eine Umformung der Gesellschaft sei.
„Ethnopluralismus“
Um sich von dem stark hierarchischen und biologistischen NS-Rassenmodell abzugrenzen, wurde in „neurechten Kreisen“ das Wort „Ethnopluralismus“ kreiert. Sebastian Friedrich merkt zu dem Begriff kritisch an:
Der Ethnopluralismus ist eine Art modernisierter Rassismus, in dem die biologistische Argumentation ersetzt wird durch das Festschreiben unüberbrückbarer kultureller Unterschiede. Daraus wird die Notwendigkeit der nationalen und kulturellen Identität eines jeden Volkes abgeleitet.[10]
Im Grunde entpuppt sich der Begriff Ethnopluralismus also nur als Neuformulierung der klassischen „Rasse“-Terminologie. Es wird zwar scheinbar mit kulturellem Rassismus gearbeitet, also einem „Rassismus ohne Rassen“, aber das Kultur-Verständnis ist dabei so statisch und fest, dass es dieselbe Funktion wie die Kategorie „Rasse“ einnimmt. Die angebliche Nicht-Hierarchisierung verschiedener Gruppen relativiert sich stark, wenn man schaut, wie „Neue Rechte“ über Schwarze Menschen schreiben. Die eigene Gruppe wird als weiß und ethnisch verstanden. Da eine Vermischung verschiedener Ethnien abgelehnt wird, bedeutet Ethnopluralismus schlussendlich ein Nebeneinander von Ethnonationalismen.
Europa-Bezug
Zwar sind „Neue Rechte“ in der Regel sehr deutschnational, allerdings findet sich bei ihnen auch ein starker Bezug auf Europa, womit allerdings ein weißes und vor allem christliches Europa gemeint ist.
Schon in den Anfängen der „Neuen Rechten“ in Westdeutschland gab es allerdings auch einen neuheidnisch-antisemitisch geprägten Bezug auf das antike Griechenland. So schrieb Pierre Krebs 1982 in seinem Buch „Die europäische Wiedergeburt. Aufruf zur Selbstbesinnung“:
Denn wir ahnen eine Wiedergeburt, die den Sieg über Jerusalem, der heidnischen Religiösität des uralten des Abend-Landes über das entwurzelte Judenchristentum des fremdländischen Judäa besiegeln wird.[11]
Ein paar Seiten weiter fährt Krebs fort:
Mit der totalen Wiedergeburt Europas haben wir unser Programm bestimmt. Die Strategie bestimmt. Die Strategie dieses Projekts haben ebenfalls festgelegt: die Metapolitik und den Kulturkrieg. Wir müssen noch die Grundlagen sowie den materiellen Rahmen dieses Programms festhalten: das Thule-Seminar, eine Neue Schule der europäischen Kultur.[12]
Die Abgrenzung zum Christentum ist innerhalb der „Neuen Rechten“ weitgehend verschwunden, der Europa-Bezug aber ist geblieben.
Europa wird dabei vor allem als kulturelle Einheit verstanden und von der Europäischen Union unterschieden. Ein Sticker der Identitären schmückt beispielsweise das Motto „Ja Europa, Nein Union“. Europa soll dabei als weißer Kontinent ethnopluralistisch organisiert werden. Konkrete historische Bezugspunkte sind für die Identitären vor allem Schlachten, die als Abwehrschlachten von Europa gegen eine Bedrohung von außen interpretiert werden: Die Schlacht bei den Thermophylen (480 v. Chr.), die Schlacht bei Poitiers (732), die Seeschlacht bei Lepanto (1571) oder die Befreiung Wiens von der osmanischen Belagerung (1529, 1683).
„Neurechte“ Geschichte
Die „Neue Rechte“ entstand in Westdeutschland in den 1970-ern als eigene Strömung, anfangs vor allem in Form einer nationalrevolutionären „Neuen Rechten“. Auch in Reaktion auf die Wahl-Niederlage der NPD, die 1969 mit 4,3% den Einzug in den Bundestag knapp verpasste, versuchte man neue Wege zu gehen. Im Jahr 1972 gründet sich die „Aktion Neue Rechte“ als NPD/JN-Abspaltung unter dem Vordenker Henning Eichberg (1942-2017). Etwa 350 Personen verließen damals die NPD, die damals mehrere zehntausend Mitglieder hatte. Die nationalrevolutionären „Neuen Rechten“ propagierten damals eine Art von „deutschen Befreiungsnationalismus“ und gruppierten sich um das Magazin „wir selbst“. Gleichzeitig kam es zu einer Art Re-Import aus Frankreich. Hier war 1968 die „Nouvelle Droite“ entstanden. Alain de Benoist (* 1943), Chef-Theoretiker der „Nouvelle Droite“, wurde stark von den Schriften vom Personal der „Konservativen Revolution“ beeinflusst.
Getrennte Wege
Die „Neue Rechte“ in Deutschland ist spätestens seit 2014 in zwei Flügel gespalten. Anlass, aber nicht der eigentliche Grund zur Spaltung war die Frage, welcher AfD-Flügel unterstützt werden sollte. Der eigentliche Grund sind aber unterschiedliche Strategien zur Erreichung der Ziele.
Die realpolitische „Neue Rechte“
Die realpolitisch orientierte „Neue Rechte“ gruppiert sich um die Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (JF) mitsamt dem eigenen Verlag, das Zweimonatsmagazin CATO und die „Bibliothek des Konservatismus“ als Veranstaltungsort in Berlin. Wichtigste Person ist vermutlich der JF-Chefredakteur Dieter Stein.
Die Auflage der JF lag Anfang 2022 bei 29.559 Exemplaren.[13] Die JF ist das wichtigste und beständigste Publikationsorgan der „Neuen Rechten“. Dieter Stein lehnt jedoch das Etikett „neurechts“ ab, versteht sich als konservativ und versucht sich gezielt an die konservativen Eliten heranzutasten. Stein selbst sagte im Interview mit der „Sezession“: „Interessant wird es, wenn mit der JF endgültig die Relevanz einer konservativen, rechtsintellektuellen Publizistik jenseits des Mainstreams anerkannt und sie nicht mehr vom Diskurs ausgeschlossen wird.“[14] Der Forscher Helmut Kellershohn, ein ausgewiesener Kenner der „Neuen Rechten“, kommentierte solche Versuche 2014 kritisch:
Die JF gibt sich konservativ, okkupiert aber den Konservatismusbegriff aus dem Geiste der Konservativen Revolution bzw. in der Tradition des Weimarer Jungkonservatismus, theoretisch unterstützt, wenn auch nicht ohne Vorbehalte, vom Institut für Staatspolitik.[15]
Tatsächlich hat die JF seit ihrer Gründung 1986 Wandlungen durchlebt. Im Jahr 1993 lautete ihre offene Eigenwerbung noch: „Jedes Abo eine Konservative Revolution“. Doch kam es im Jahr 1994 zu einer Art Wendepunkt mit der Trennung der JF von den zu offen faschistisch und geschichtsrevisionistisch auftretenden Autoren Armin Mohler und Andreas Molau.
Rund um die JF entwickelten sich Anfang der 1990-er Jahre bundesweit dutzende Leserkreise, davon einige auch in Baden-Württemberg. Ab Juni 1996 distanzierte sich die JF von den Leserkreisen und brach die Zusammenarbeit ab.[16]Als so ein ursprünglicher JF-Leserkreis war das „Karlsruher Freitagsgespräche“ 1992 bis 2002 aktiv. Laut einer SPD-Anfrage „gehörten von insgesamt 60 Referenten 13 rechtsradikalen Zusammenhängen an“.[17]
Der gemäßigte, oder besser ausgedrückt realpolitischere, Kurs der JF seitdem, kann nicht einfach nur als Versteckspiel abgetan werden. Andererseits spricht viel gegen die Selbst-Etikettierung der JF als „konservativ“. Die Pflege des Grabes von Arthur Moeller van den Bruck, einem Vertreter der „Konservativen Revolution“, auf dem Parkfriedhof in Berlin-Lichterfelde von 1993 bis mindestens 2007 wurde nicht zufällig von der JF übernommen.[18] Das zeigt die andauernde Bezugnahme auf diese antidemokratische Denkschule. Auch im Inhalt der Zeitung finden sich mehr als nur konservative Weltsichten, etwa wenn in einem Artikel 2019 von Wolfgang Bendel die katholische Diktatur von Oliveira Salazar in Portugal (1930er Jahre bis 1974) gelobt wird:
Gibt es Gegenentwürfe zur parlamentarischen und repräsentativen Demokratie? Der Ständestaat oder Korporativismus gehört dazu. Ein hervorragender Vertreter dieser Denkrichtung war Salazar, der über vier Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts der entscheidende Politiker Portugals war und am 28. April seinen 130. Geburtstag gefeiert hätte.[19]
Darüber hinaus tritt die JF als eigenständiger Akteur auf, der Kampagnen betreibt, etwa die antifeministische Kampagne ab 2017 („Gendere mich nicht“)[20] oder eine Kampagne zur Ethnisierung von Einbruchs-Gewalt ab 2014 („Kriminalität explodiert. Was Ihnen verschwiegen wird“)[21]. Die JF unterstützte innerhalb der AfD bis 2015 den Parteigründer und -Vorsitzenden Bernd Lucke und danach Jörg Meuthen. Für Meuthen produzierte die JF sogar eine exklusive Reportage von 42:39 Minuten Länge, kurz vor der Landtagswahl.[22]
Der leise Kurs der JF scheint weitgehend unbemerkt und kritiklos zu verlaufen. Medien, Politik und Wissenschaft schauen viel stärker auf die lauter auftretende radikale „Neue Rechte“. Der JF gelingt es so weitgehend unbemerkt, punktuell Einfluss über ihr Kern-Milieu hinaus zu erlangen, besonders wenn sich ihr konservative Medien anschließen. Die Skandalisierung im Februar 2022 eines harmlosen Kommentars der neuen Bundes-Innenministerin Nancy Faeser im VVN-BdA-Blatt „antifa“ vom Juli 2021 war so ein Fall. Aufgebracht hatte ihn die JF, aber „Die Welt“, BILD, AfD und die Unionsparteien stiegen dankbar darauf ein. In dem Kommentar berichtete Faeser als Betroffene über die Bedrohung durch Rechte. Faeser knickte schließlich ein und bezeichnete die Veröffentlichung als „Fehler“.
Die radikale „Neue Rechte“
Die radikale „Neue Rechte“ gruppiert sich um den kleinen Thinktank „Institut für Staatspolitik“ (IfS), den Antaios-Verlag[23] und das Zweimonatsblatt „Sezession“ samt Blog mit Sitz in Schnellroda, einem kleinen Dorf im Süden Sachsen-Anhalts. Wichtige Protagonisten sind Götz Kubitschek (* 1970), Erik Lehnert (* 1975) und, als eine der wenigen Frauen der „Neuen Rechten“, Ellen Kositza (* 1973), die Ehefrau von Kubitschek.
Der ursprünglich als IfS-Vordenker fungierende Dr. Karlheinz Weißmann (* 1959) zog sich 2014 aus der Redaktion der „Sezession“ zurück, wechselte zur JF und damit auch die Strategie. Im Antaios-Newsletter vom Juli 2014 heißt es dazu:
Der Abgang Karlheinz Weißmanns hat für klare Verhältnisse gesorgt, ein Umstand, den wir nach den Debatten um die Anlehnung an die AfD begrüßen. Dr. Weißmann wird in Zukunft in den verschiedenen Projekten rund um die Junge Freiheit eine größere Rolle spielen. An der inhaltlichen Ausrichtung des Instituts und der Sezession ändert sich hingegen nichts, die parteipolitische Unabhängigkeit beider Projekte ist gewahrt.
Nach Weißmanns Ausscheiden übernahm 2014 Erik Lehnert dessen Posten als wissenschaftlicher Leiter des IfS.
Die radikale „Neue Rechte“ ist offener antidemokratisch als ihr realpolitisches Pendant. Götz Kubitschek, Verleger bei Antaios, schrieb 2007 in dem Buch „Bruchlinien“:
Wem sein Vaterland lieb ist, muß den Vorbürgerkrieg gewinnen, bevor er unbeherrschbar wird. […] dieser Krieg [ist] neben dem handfesten, den die Polizei und jeder Angegriffene auf der Straße und in seinem Viertel auszufechten hat, vor allem ein geistiger Bürgerkrieg gegen die Lobbyisten der Zersetzung […].[24]
Auch die bei Antaios verlegten Bücher zeugen nicht unbedingt von konservativer Bürgerlichkeit. So wurde bei Antaios ein Buch mit Texten von Peder Jensen alias „Fjordman“ aus Norwegen veröffentlicht. Jensen gilt als ein wichtiger Ideenspender von Anders Breivik. Nach Angaben der norwegischen Sicherheitspolizei stammen insgesamt über 300 Seiten in dem 1.516-Seiten Manifest von Breivik aus seiner Feder[25] – allerdings hatte Breivik sie ohne Rückfrage per copy–paste eingefügt.
Der Verlag hat zwar seinen Sitz in Schnellroda, aber am Entstehungsprozess der Bücher sind teilweise auch Orte in Baden-Württemberg beteiligt gewesen. Gedruckt wurde zumindest zeitweise auch beim „Kopp-Druck“ in Heidenheim,[26] und die Bindung wurde von „Lachenmaier GmbH“ mit Sitz Reutlingen[27] oder „Ernst Riethmüller & Co. GmbH Tübingen“[28] übernommen.
Das IfS tritt seit 2008 – entgegen der „neurechten“ Metapolitik-Strategie (siehe unten) – aktivistisch auf. Erste Geh-Versuche machte man als Kleinstgruppe namens „konservative subversive aktion“. Später wurde die „Identitäre Bewegung“ (siehe unten) so etwas wie die inoffizielle IfS-Jugendorganisation. Außerdem suchte das IfS-Personal, besonders Kubitschek, die Nähe zu rassistischen Straßenbewegung wie PEGIDA in Dresden, wo er mehrfach als Redner auftrat. Innerhalb der AfD unterstützt das IfS den Höcke-Flügel, der die AfD als Bewegungspartei im faschistischen Stil versteht. Davon zeugen Beiträge auf dem Sezession-Blog, die immer wieder strategische Ratschläge an die AfD geben.
Etwa ab 2010 gesellte sich zu den alten radikalen „Neuen Rechten“ eine jüngere Generation, die oft durch den neuen aktivistischen Ansatz angezogen wurde. Zu ihnen gehören Personen wie Benedikt Kaiser (* 1987), Martin Sellner (* 1989), Philip Stein (* 1991) oder Volker Zierke (* 1992). Diese junge Generation versucht Einfluss über neue Projekte zu nehmen.
Als eine Art Dachorganisation fungiert dabei das Netzwerk „Ein Prozent“. „Ein Prozent für Deutschland“, vom Antifa-Infoblatt als „völkische Netzwerkagentur“ beschrieben, wurde am 17. Februar 2016 von sechs Männern und einer Frau in Schnellroda offiziell als Verein gegründet. Unterstützer waren u.a. Professor Karl Albrecht Schachtschneider, Götz Kubitschek, der COMPACT-Chefredakteur Jürgen Elsässer und der AfD-Rechtsaußen Dr. Hans-Thomas Tillschneider.[29] Bei „Ein Prozent“ auf der Homepage wurde um 2017 zeitweise eine Vernetzungs-Landkarte online gestellt, auf der damals auch Gruppen aus Baden-Württemberg wie „Rhein-Neckar Patrioten“ oder „Grenzgänger Neckar-Alb Schönbuch“ auftauchten. In dem Netzwerk war auch die „Bürgerinitiative Bruchsal“ organisiert, in der z.B. die Bruchsaler AfD-Gemeinderätin Gabriele von Massow Mitglied war.
Zu den neuen Projekten gehört ein eigenes rechtes Wirtschaftsmagazin „Recherche D“, ein eigenes rechtes Öko-Magazin „Die Kehre“, der Jungeuropa-Verlag oder ein eigener Comic-Verlag, der „Hydra-Verlag“. Sitz der meisten Projekte ist Dresden, die vermutlich konservativste deutsche Großstadt, in der überdies auch der Sitz einer großen AfD-Landtagsfraktion ist. Um diese radikale „Neue Rechte“ herum entstanden in den letzten Jahren eine Vielzahl an Blogs, Vlogs und Newsportalen. Nicht alle waren von langer Lebensdauer. Zum Beispiel ist das Vlog-Projekt „Operation Fregin“ von Leonard Fregin, einem Aktivisten der IB-Ortsgruppe Bodensee, wieder in der digitalen Versenkung verschwunden.[30]
Ebenso wie die Projekte aus Schnellroda dürfen diese neuen Projekte nicht überschätzt werden. Die „Sezession“ als wichtigstes Periodikum hat eine Auflage von unter 3.000 Exemplaren und die Buchauflagen dürften ein paar hundert bis bestenfalls wenige tausend Exemplare nicht überschreiten. Ob die Bücher und Magazine durch die angestrebte Eliten-Beeinflussung einen größeren Einfluss entfalten ist unklar. Resonanzraum dürfte im Wesentlichen die eigene Szene sein.
Die Differenzen zwischen IfS und der JF dürfen nicht überschätzt werden. Die Spaltung reicht nicht so tief, dass nicht einzelne Personen in beiden Flügeln aktiv sein könnten. Die verschiedenen Strategien der beiden Flügel sollten eher als getrennte Wege zum selben Ziel verstanden werden.
„Neurechte“ Strategien
Ähnlich wie ihre konservativ-revolutionären Ahnherren besitzt die „Neue Rechte“ einen elitären Selbstanspruch. Sie möchte eine eigene, eine Art nationalistische Gegen-Elite aufbauen. Darüber und über Publikations-Tätigkeit versucht die „Neue Rechte“ den vorpolitischen Raum zu beeinflussen, eine Akzentverschiebung nach rechts.
Das „neurechte“ Stichwort zu diesem Kampf um den vorpolitischen Raum lautet „Metapolitik“. Ziel dieser „Metapolitik“ ist es also nicht zuallererst die Straße oder Parlamente zu dominieren, sondern die Diskurse. Alles andere folgt dann daraus. Damit orientiert man sich grob an dem marxistischen Theoretiker Antonio Gramsci (1891-1937) aus Italien, der im faschistischen Gefängnis das Konzept entwarf, erst die „kulturelle Hegemonie“ zu erobern und dann die „politische Hegemonie“. Zielpublikum sind dabei vor allem die akademischen Eliten. Karlheinz Weißmann formulierte es 2001 so: „Uns geht es um geistigen Einfluss, nicht die intellektuelle Lufthoheit über Stammtische, sondern über Hörsälen und Seminarräumen interessiert uns.“[31] Dazu versucht die „Neue Rechte“ auch neue und neu aufgegriffene Bewegungen und Themen in ihrem Sinne zu beeinflussen bzw. nationalistisch aufzuladen. Antifaschistische Autor*innen hielten dazu fest: „Die „Neue Rechte“ ist gewissermaßen das ideologische Trüffelschwein der extremen Rechten. Ihre Kader der Ideologieproduktion schnuppern im Ringen um Hegemonie an allen möglichen und unmöglichen Winkeln gesellschaftlicher, politischer und geisteswissenschaftlicher Debatten.“[32] In den 1980er Jahren waren die Alternativ-, Ökologie- und Friedens-Bewegung Ziel dieser Einflussnahme-Versuche. In den 1990er Jahre versuchte man es bei der DDR-Bürgerrechts-Bewegung, der Gothic/ Dark Wave /Neofolk-Musikszene, den Unionsparteien, der FDP, im Vertriebenen-Milieu, bei Studentenverbindungen und sogar in der SPD.[33] Bis auf die Studentenverbindungen und Teilen der Neofolk-Musikszene ist es der „Neue Rechten“ nicht gelungen, dauerhaft Einfluss zu gewinnen.
Wie genau der neue rechte Staat aussehen soll, bleibt häufig unausgesprochen. Offen ausgesprochene Sympathien für Ungarn unter Victor Orban, von Teilen gegenüber Russland unter Wladimir Putin und verdeckte Bewunderung[34] für das faschistische Italien durch die radikale „Neue Rechte“ zeigen aber eine Richtung an. Ebenso dass der Antaios-Verlag 2020 in seiner kaplaken-Reihe den Titel „Nationale Revolution und autoritärer Staat“ von Oliveira Salazar, dem portugiesischen Diktator, anlässlich seines 50. Todestages veröffentlichte.[35] Der ungarische Regierungskurs wurde in Teilen der extrem rechten Presse auch als „Konservative Revolution“ bezeichnet.
Wurzeln der „Neuen Rechten“ im Südwesten
Nicht wenige Personen und Projekte der „Neuen Rechten“ haben ihre Wurzeln im Südwesten. Götz Kubitschek kommt aus Ravensburg und die „Junge Freiheit“ wurde 1986 in Kirchzarten bei Freiburg als Schüler- und Studentenzeitung von Verbindungsstudenten gegründet. Konkret waren es vor allem Mitglieder der „Deutschen Hochschulgilde Balmung zu Freiburg“, u.a. Dieter Stein, die das Projekt ins Leben riefen.
Wichtig sind auch die frühen Übersetzungen von Alain de Benoist, die im Tübinger Hohenrain-Verlag erschienen. Der Hohenrain-Verlag wurde damals aus dem Grabert-Verlag heraus als Kooperation mit dem „neurechten“ Thule-Seminar gegründet. Auch später noch wurden „neurechte“ Werke in baden-württembergischen Verlagen veröffentlicht. So wurde 2018 im verschwörungsideologischen Kopp-Verlag das Buch „Charakterwäsche“ von Caspar von Schrenck-Notzing (1927-2009) wieder aufgelegt.[36] Schrenck-Notzing war langjähriger Herausgeber des rechten Theorie-Organs „Criticón“ und gilt auch als Vordenker der „Neuen Rechten“.
Die „Neue Rechte“ in Baden-Württemberg heute
Studentenverbindungen
Besonders erfolgreich war die „Neue Rechte“ immer im rechtsoffenen, konservativen Milieu der Studentenverbindungen. Einerseits rekrutierte sie hier ihr Personal, andererseits wurde sie hier stark rezipiert. Für diesen Erfolg gibt es Gründe, die in den Gemeinsamkeiten zu suchen sind: „Neue Rechte“ wie Studentenverbindungen haben oft ein nationalistisches Geschichtsbild, ein heroisches Männlichkeits-Verständnis, einen konservativen Wertekanon und ein elitäres Selbstbild gemeinsam. So sind Studentenverbindungen allgemein und Burschenschaften und Gildenschaften im Speziellen Ausgangsort und Resonanzboden der „Neuen Rechten“. In den Dachverbänden „Deutsche Burschenschaft“ (DB) mit laut eigener Homepage aktuell etwa 4.500 Mitgliedern[37] und „Deutsche Gildenschaft“ (DG) mit mehreren hundert Mitgliedern ist „neurechte“ Ideologie inzwischen hegemonial. Das völkische Nationalverständnis in beiden Dachverbänden, bei der DB „volkstumsbezogener Vaterlandsbegriff“ genannt, bedingt diese starke Anfälligkeit für „neurechte“ Ideologie. Ausweis davon sind neben der Mitgliedschaft des „neurechten“ Personals in Studentenverbindungen, auch Beiträge in den Dachverbandsblättern und die häufigen Vorträge von „Neuen Rechten“ in den Verbindungshäusern.
Bei der Burschenschaft Normannia Heidelberg referierte beispielsweise am 21. Januar 2012 Erik Lehnert zum Thema „Die Frau als Soldat“.[38] Dieselbe Burschenschaft sorgte 2020 durch einen antisemitischen Übergriff für bundesweite Schlagzeilen. In der Nacht vom 28. auf dem 29. August 2020 wurde laut Presseberichten auf dem Haus der Burschenschaft Normannia ein jüdisch-stämmiges Mitglied der Alten Leipziger Landsmannschaft Afrania attackiert. Die „Antifaschistische Initiative Heidelberg“ berichtete in einer Pressemitteilung: „Das Opfer sei von den anderen Verbindungsstudenten als Jude beschimpft, mit Geldmünzen beworfen und mit Gürteln verprügelt worden. An dem Angriff seien neben Aktiven Studenten der Normannia auch Mitglieder der Burschenschaften „Ghibellinia zu Prag in Saarbrücken“ und „Germania Köln“ beteiligt gewesen.“[39] Das Opfer erlitt leichte Verletzungen.[40]
Andere Burschenschaften in Baden-Württemberg sind verbandsfrei oder in dem 2016 neu gegründeten Dachverband „Allgemeine Deutsche Burschenschaft“ (ADB), dem im Baden-Württemberg sechs Burschenschaften in Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart angehören. Auch das ADB-Verbandsorgan „Der Burschenschafter“ weist deutlich einige „neurechte“ Einflüsse auf. Beispielsweise ist die Burschenschaft Alemannia Stuttgart heute in der ADB organisiert. Bei ihr referierte am 26. April 2012 der „neurechte“ Publizist Felix Menzel zum Thema „Skandalokratie“.[41] Es nahmen aber lediglich knapp 10 Personen an dem Vortrag teil.[42]
Junge „Neue Rechte“: „Konservative Aktion Stuttgart“ und die Identitären
Eine indirekte Vorgängergruppierung der „Identitären Bewegung“ (IB) im Südwesten stellte die „Konservative Aktion Stuttgart“ (KAS) dar. Die KAS tauchte erstmals Ende 2009 auf. In dem „neurechten“ Blatt „Junge Freiheit“ Ausgabe 45/2009 erschien damals folgende Kleinanzeige: „Bist Du konservativ und freiheitlich? Konservatives Aktionsbündnis Süddeutschland sucht Mitstreiter zwischen 18 und 35 Jahren!“ Ein interner Newsletter der KAS umfasste 2012 über 60 Namen, darunter auch alte Bekannte von der NPD oder den Republikanern. Ein anderer Teil der KAS kam aus dem korporierten Milieu. In den Jahren 2010 bis 2012 war die KAS verantwortlich für Störungen linker Veranstaltungen und der FDP. An sich waren diese Aktionen wenig spektakulär, aber sie wurden im Nachgang als spektakulär inszeniert. Darin folgte man der namensverwandten „konservativ-subversiven aktion“, einem kleinen Trupp um den Reserveoffizier und „neurechten“ Vordenker Götz Kubitschek. Später wurde es ruhig um die KAS und gleichzeitig tauchte mit dem Eintreffen des Identitären-Hypes in Deutschlands das Lambda-Logo auch bei der KAS auf. Der griechische Buchstaben Lambda gilt als Symbol der Identitären.
Die KAS legt Wert auf eine Schulung ihrer Mitglieder. Deswegen unterhält sie einen Lesekreis, der sich u.a. mit Klassikern der „Konservativen Revolution“ beschäftigt. Daneben veranstaltete die KAS auch Vorträge. Der letzte Vortrag der KAS fand am 18. Mai 2013 in Göppingen statt. Andreas Lichert aus Karben (Wetterau-Kreis in Hessen), Vorsitzender des IfS-Trägervereins „Verein für Staatspolitik“, referierte laut Ankündigung zum Thema „Der Euro ist für Deutschland alternativlos”.[43] In Karben existierte eine Zeit lang eine „Identitäre Projektwerkstatt“, hinter der Andreas Lichert stand.[44] Heute ist er AfD-Landtagsabgeordneter in Hessen.
Identitäre 2015 bis 2020
Ende 2012 schwappte aus Frankreich die IB als neue Marke und als neues Konzept extrem rechter Organisierung auch nach Deutschland. Im Nachbarland entstanden die Identitären bereits 2002/03 aus der Fusion zweier extrem rechter Gruppen. Im Selbstverständnis sind die Identitären eine „Bewegung“ bzw. eine „Generation“, in Wirklichkeit sind sie aber eine europaweite Organisation mit einigen tausend Aktivist*innen. In der Bundesrepublik haben sie im Kern etwa 300[45] bis 575[46] Aktivist*innen. Mit einem eigenen Zeichen, dem griechischen Buchstaben Lambda, gelang es den Identitären eine eigene Marke zu kreieren. Dasselbe gilt für das unbelastete Wort „Identität“. Dieses dient der IB als Containerbegriff für kulturalistisch-, aber auch biologistisch-rassistische Selbst- und Fremdzuordnungen.
Die Feindbilder der Identitären sind im Grunde dieselben wie in anderen Strömungen der extremen Rechten: Muslime bzw. „der Islam“, Flüchtlinge und in der Konsequenz alle als „Nichtdeutsche“ kategorisierten Personen. Allerdings wird deren Zunahme an der Bevölkerung dem Liberalismus angelastet.
Inhaltlich werden vor allem Schriften der alten „Neuen Rechten“ rezipiert - z.B. Götz Kubitschek, Felix Menzel, „Martin Lichtmesz“ alias Martin Semlitsch, aber auch der großrussische Nationalist Alexandr Dugin, sowie diverse französische Autoren, wie der Monarchist Jean Raspail oder der Rassist Renaud Camus. Zum Teil ist diese Bezugnahme bei den Identitären aber eine sehr oberflächliche und findet eher in Form einer Pop-Ikonisierung der Gesichter der „Konservativen Revolution“ statt oder die Schriften werden eher als Steinbruch für T-Shirt-Sprüche verwendet. Diese T-Shirts konnten dann im eigenen Versand namens „Phalanx Europa“ erworben werden.
Der erste identitäre Hype ab Ende 2012 kam nach ein paar Monaten wieder zum Erliegen. Nachdem diverse identitäre Facebook-Gruppen auch für Orte in Baden-Württemberg auftauchten, schliefen viele dieser Gruppen wieder ein. Vermutlich waren es im Kern häufig nur Einzelpersonen.
Im Jahr 2015 setzte eine Neuorganisation ein. Offenbar orientierte man sich stärker am französischen Original, indem man dessen Regionalismus übernahm. So sind die Identitären in Baden-Württemberg aufgeteilt in die Regionen Baden, Schwaben (inklusive des bayrischen Teils) und einen kleinen Teil der Identitären-Region Franken. Laut der IB-Internet-Präsenz gab es damals folgende identitäre Ortsgruppen im Südwesten:
* im baden-württembergischen Teil der IB-Franken: Hohenlohe
* in der IB-Region Baden: Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg, Freiburg, Rhein-Neckar
* im baden-württembergischen Teil der IB-Region Schwaben: Zollernalb, Rottweil, Tübingen, Ulm, Heilbronn, Rems-Murr, Mittlerer Neckar bzw. Esslingen, Sigmaringen, Bodensee/Friedrichshafen, Ostalbkreis
Ein größerer Teil der baden-württembergischen IB-Ortsgruppen war in der Initiative „Ein Prozent für Deutschland“ vernetzt. Somit gab es auf dem Höhepunkt der Identitären um 2015 in Baden-Württemberg nominell etwa 15 Orts-Gruppen. Fraglich ist, ob jede dieser Gruppen tatsächlich auch existiert hat. Vermutlich waren es real nie mehr als zehn Ortsgruppen. Unklar ist wie groß diese Ortsgruppen in der Regel sind. Für Bilder werden häufig nur die vorzeigbaren, jüngeren Aktivist*innen präsentiert. Allerdings scheint es bei der IB einen Kern an aktiven Reisekadern zu geben, die alle Stammtische ihrer Region besuchen. Damit würde die Beteiligung an einem Stammtisch nur sehr bedingt etwas über die Größe der Ortsgruppe verraten. Das Mobilisierungspotenzial der IB in Baden-Württemberg lag 2017 über 50 Personen, aber unter 100. Die wichtigen Protagonist*innen der IB in Baden-Württemberg sind bis heute zum Teil nicht bekannt. Ein Michael W. aus Mannheim fungierte als Anmelder der Identitären-Demonstration im bayrischen Freilassing am 27. Februar 2016.
Über die Jahre 2017 bis 2020 veranstalteten die Identitären immer wieder auch in Baden-Württemberg kleine Kundgebungen und Infostände, welche 2018 unter der Bezeichnung „IB-Zone“ durchgeführt wurden. Gleichzeitig setzte 2018 ein Niedergang der Identitären ein. Heute ist von der IB-Region Baden kaum noch ein Lebenszeichen zu finden ist. Die IB Schwaben ist mit den Schwerpunkten Stuttgart, Ulm und Bodensee dagegen bis heute aktiv. Offenbar mit dem Abflauen des Feindbilds Flüchtlinge kam auch das Wachstum der Identitären zum Erliegen. Bundesweit ließ sich bei einigen IB-Kadern nachvollziehen, dass sie bei der AfD/JA als Funktionär*innen und -Mitarbeiter*innen untergekommen sind. Eine IB-Vergangenheit war hier kein Hindernis, aber ein fortdauerndes Engagement bei der IB konnte zum Problem werden. Viele der fähigeren Leute scheinen sich für Job und Partei-Karriere entschieden zu haben.
Die Identitären machten von Anfang an, in Anlehnung an das französische Original, spektakuläre Aktionen, um die Öffentlichkeit und vor allem die Medien auf sich aufmerksam zu machen. Beispielsweise verschafften sich am 30. Mai 2020 fünf Aktivist*innen der „Identitären Bewegung“ Zugang zum Dach des DGB-Haus in Stuttgart und entrollten ein Banner mit der Aufschrift „DGB hat mitgeschossen“, zündetet dort zwei Rauchtöpfe und verkippten Kunstblut. Insgesamt waren an der Aktion knapp zehn Mitglieder der IB beteiligt.[47] Hintergrund war die schwere Körperverletzung gegen drei Mitglieder der Pseudo-Gewerkschaft „Zentrum Automobil“, die beim Besuch einer Querdenken-Demonstration von Dutzenden Vermummten, mutmaßlichen Linken, angegriffen wurden. Die Identitären machten hinter der Tat ein angebliches Netzwerk von der Antifa bis zu den Gewerkschaften aus.
Zusätzlich fanden in Baden-Württemberg Veranstaltungen für den inneren Kreis statt. Mehrere davon sind mitsamt dem Veranstaltungsort bekannt geworden:
* Vom 13. bis zum 15. April 2018 fand in der Jugendherberge Rottweil ein Treffen der „Identitären Bewegung“ statt.[48]
* Vom 6. bis zum 8. März 2020 fand auf Schloss Ebersberg im Auenwald das Aktionstraining der Identitären Bewegung Schwaben statt.[49] Die Schlossbetreiber distanzierten sich nachdrücklich nach dem Bekanntwerden von der IB. Die Gruppe hatte sich als „Schwäbischer Kulturverein e.V.“ angemeldet. Erster Vorsitzender des Konstanzer Vereins ist Dominik Böhler, zweiter Vorsitzender Jonathan Rudolph.
* Am 9. und 10. April 2022 fand in einem Haus („Jugendheim Hohenlohe“) des völkischen „Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V.” in Herboldshausen das Aktivistenwochenende der „Identitären Bewegung Schwaben“ statt, an dem 30 Aktivist*innen teilnahmen.[50]
Ein eigenes Mode-Label
Mit der Modemarke „Peripetie“ gibt es seit 2019 eine Art „Thor Steinar für die Neue Rechte“. Inzwischen hat die „Peripetie GmbH“ ihren Sitz in Krefeld, aber ursprünglicher Sitz war Hochdorf (Kreis Esslingen). Im Juli 2019 wurde die GmbH einem Kapital von 27.000 Euro am Amtsgericht Stuttgart eingetragen. Geschäftsführer sind Harald Kendzia und Florian Gräßle. Florian Gräßle aus Hochdorf war Schatzmeister des AfD-Kreisverband Esslingen.[51]
In der Selbstbeschreibung heißt es: „Lasst uns […] gemeinsam dafür sorgen, dass […] eine vernünftige und lebenswerte Zukunft in alter Kultur und Tradition aufersteht, welche wir uns für uns und unsere Kinder wünschen!“[52]Die Marke scheint vordergründig harmlos, aber welche normale Modemarke hat auf ihrem Kleidungs-Etikett den Spruch „Achte jeden Mannes Vaterland, aber das deinige liebe!“ stehen? „Peripetie“ ist Teil des Versuchs eine „neurechte“ Gegenkultur zu erschaffen. Von der ideologischen Ausrichtung zeugen auch Produktnamen wie „Kyffhäuser“, „Ostara“, „Südtirol“ oder „Zwangsmaske Bautzen II“ als Name für einen Artikel. Als Fotomodelle für „Peripetie“ traten prominente Vertreter*innen der extremen Rechten in Erscheinung wie z.B. Björn Höcke[53] oder Ignaz Bearth. Die Marke nahm 2020 mit einem Stand am AfD-Bundesparteitag in Braunschweig teil. Das Design gestaltete teilweise das „neurechte“ Künstler-Kollektiv „KVLTGANG“.[54]
Eine eigene NGO
Baden-Württemberg ist Sitz einer NGO aus dem Umfeld der Identitären. Die „Alternative Help Association (AHA) e.V.“ hat ihren Sitz in Böhringen im Kreis Rottweil. Laut Vereinsakten wurde der Verein am 11. Juni 2017 in einer großen Hausbrauerei in Ulm von 13 Personen gegründet. Zum Vorstand gehört der IB-Aktivist Sven Engeser (* 1992) aus Böhringen.[55] Ziel des, als NGO auftretenden, Vereins ist die „Hilfe vor Ort“ für syrische Geflüchtete. Offenbar soll die Organisation als Ausweis dienen, dass man nichts gegen Geflüchtete habe und das man ihnen auch in Syrien vor Ort helfen könne. Allerdings bei Ignoranz des Umstands, dass Syrien eine Diktatur ist und dort immer noch Krieg tobt. Fotos von den Syrien-Reisen auf der AHA-Facebook-Seite zeigen die bekannten IB-Kader Nils Altmieks, Sebastian Zeilinger und Mario Müller.[56] Es ist unklar, wie lebendig das Projekt ist – der letzte Homepage-Eintrag datiert auf Dezember 2019.
Renaissance im Schatten der Corona-Proteste ab April 2020
Nach dem Rauswurf aus den meisten sozialen Netzwerken, mit Ausnahme von Telegram, tauchten auch in Baden-Württemberg mehrere Tarngruppen z.B. mit Accounts auf Instagram auf, die erkennbar eine IB-Nähe aufwiesen. Dabei ist unklar, ob alle Gruppen offizielle Ableger der „Identitären Bewegung Deutschland“ sind, oder ob es sich bei manchen eher um eine Art Wildwuchs handelt. Konkret geht es um die Gruppen „Aktiv Konstanz“, „Festung Ulm“, „Wackere Schwaben“, „Schwaben-Bande“, „Baden-Bande“ und „Pforzheim Revolte“.
Im Schatten der Corona-Proteste kam es zu einer Renaissance dieser IB-Tarngruppen. Bei den Demonstrationen der Pandemie-Leugner*innen tauchten mit Transparenten mit Aufschriften wie „Heimatschutz statt Mundschutz!“ immer wieder Identitäre auf. So heißt es in Polizei-Pressemitteilung über eine derartige Demonstration am 22. Januar 2022 in Stuttgart vor dem SWR-Gebäude: „In Stuttgart haben sich rund 40 Hooligans aus der lokalen Szene und 20 Anhänger der rechtsextremen „Identitäten Bewegung“ unter die Demonstranten gemischt, eine aggressive, feindselige Stimmung war hier deutlich zu spüren.“[57] Auch in Pforzheim beteiligte sich die „Pforzheim Revolte“ immer wieder an Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen. Etwa am 31. Januar 2022 in Pforzheim mit 5.000 Beteiligten.[58] An ihr nahmen sie sich mit einem eigenen Transparent („Pforzheim Revolte - an uns bricht Eure Nadel“) teil.[59]
Die AfD als Instrument der „Neuen Rechten“?
Zwar kann die AfD nicht einfach als „neurechte“ Partei charakterisiert werden, aber ein Teil von ihr steht der „Neuen Rechten“ nahe und die „Neue Rechte“ unterstützt die AfD.
Die Sympathie für das bisher erfolgreichste Partei-Projekt rechts von den Unions-Parteien ist in „neurechten“ Kreisen groß. Der JF-Chefredakteur Dieter Stein schrieb 2014 hoffnungsvoll:
Schreiben wir in der jungen freiheit zuviel über die junge Partei Alternative für Deutschland (AfD)? Es gibt Leser, die uns dafür kritisieren. Einzelne werfen uns vor, wir seien „fast schon eine Parteizeitung“. Das ist selbstverständlich nicht unsere Absicht. Woher aber dann das besondere Interesse? Wenn wir 20 Jahre Wochenzeitung JF Revue passieren lassen, dann hat die Frage einer Erweiterung oder Ergänzung des deutschen Parteienspektrums eine konstante und zentrale Rolle in unserer Berichterstattung gespielt. Die JF hätte es übrigens nicht gegeben, hätten ihre Gründer nicht selbst bittere Erfahrungen gesammelt mit dem Versuch, eine konservative, rechtsdemokratische Alternative zu Union und FDP zu befördern.
Wir erlebten das Scheitern der Republikaner, Gründung und Untergang des nationalliberalen Bundes Freier Bürger in den neunziger Jahren. Den kometenhaften Aufstieg und die Bruchlandung der Schill-Partei. Daneben verfolgten wir immer die Bemühungen, den konservativen Flügel der Union zu stärken oder die erfolglosen Unternehmungen, der FDP ein rechtsliberales Profil zu geben: ob unter Alexander von Stahl in Berlin Mitte der neunziger Jahre oder jüngst unter dem Euro-Kritiker Frank Schäffler. [...] Insofern ist es für die künftige Ausrichtung der Republik von enormer Bedeutung, ob sich die Arithmetik durch die AfD verschiebt: Die Union verliert ihr Monopol auf Vertretung der bürgerlichen Mitte, die FDP geht als linksliberaler Faktor unter, und es eröffnen sich so Spielräume für rechtsliberale, konservative Politikinhalte.[60]
Die „neurechte“ Zweiteilung bildet sich dabei auch darin ab, wer unterstützt wird. Der protofaschistische Flügel um Björn Höcke steht radikalen „Neuen Rechten“ nahe. David Bergerich von der „Miteinander e.V.“ in Sachsen-Anhalt resümierte 2016: „Höckes Schlüsselwörter Volk, Identität, Dekadenz, aber auch Ordnung, Liebe, Nation stammen alle samt aus dem Wörterbuch der Diskursstrategie der Neuen Rechten.“[61] Die „Neue Rechte“ sieht die AfD als Sammelbecken der Rechten in Deutschland. Karlheinz Weißmann schrieb dazu: „Das nächste Ziel der Alternative für Deutschland ist die Organisation als „Volkspartei neuen Typs“. In die müssen die Hauptströmungen – Volkskonservative, Hayekianer, Deutschradikale, Sozialpatrioten – eingeschmolzen werden.“[62]
Einfluss der „Neuen Rechten“ in Baden-Württemberg
AfD/JA
Auch Teile der AfD in Baden-Württemberg und besonders die „Junge Alternative“ sind offenbar radikal „neurechts“ beeinflusst. So referierte bereits am 30. März 2014, also noch zu Zeiten des Parteivorsitzenden Bernd Lucke, der „neurechte“ Vordenker Felix Menzel in Stuttgart in „Sophies Brauhaus“ für die „Junge Alternative aus Baden-Württemberg“ zum Thema „Junges Europa statt Brüsseler Zentralismus“.[63] Das korrespondiert damit, dass Mitglieder der „Jungen Alternative“ im Südwesten Berührungspunkte zu den Identitären aufweisen.
Als deutlicher Hinweis für die personellen Überschneidungen kann auch die Beteiligung von JA-Landesfunktionären am Block der IB bei der rechts-christlichen „Demo für alle“ gesehen werden. An dem IB-Block auf der Stuttgarter „Demo für alle“ am 28. Februar 2016 beteiligten sich u.a. die AfD-/JA-Funktionäre Dubravko Mandic und Daniel Lindenschmid[64], seit 2021 AfD-Landtagsabgeordneter. Seit Juli 2016 existiert zwar ein offizieller Abgrenzungsbeschluss der JA als Reaktion darauf, dass die IB durch den Inlandsgeheimdienst („Verfassungsschutz“) beobachtet wird. Ein genauerer Blick offenbart aber, dass die Abgrenzung lediglich IB-Funktionär*innen betrifft und auch nicht rückwirkend angewandt wird. Das JA-Mitglieder an IB-Veranstaltungen teilnehmen, z.B. Dubravko Mandic an der IB-Demo am 11. Juni 2016 in Wien,[65] blieb danach lange ohne Konsequenzen.
Ein Teil von ehemaligen Identitären bundesweit machte Partei-Karriere oder arbeitet als AfD-Mitarbeiter*innen. Hierfür finden sich auch Beispiele in Baden-Württemberg:
* Denis Joschko aus Mühlhausen ist seit März 2019 Vorsitzender der „Jungen Alternative Baden-Württemberg“ und war in wildes Plakatieren von Material der IB an den Bahnhöfen Tamm und Ludwigsburg involviert.[66]
* Dustin Dennis Steinmann bzw. Dustin Steinmann ist seit März 2019 Schriftführer der „Jungen Alternative Baden-Württemberg“ und trägt auf Bildern ein T-Shirt der IB-Hausmarke „Phalanx Europa“.[67]
Besonders offensichtlich waren die Überschneidungen der „Neuen Rechten“ zur „Jungen Alternative – Kreisverband Freiburg/Breisgau-Hochschwarzwald“.
* Marco Näger aus Bötzingen, zeitweise Beisitzer im AfD-KV Breisgau-Hochschwarzwald und zeitweiliger Mitarbeiter des AfD-Landtagsabgeordneten Rainer Podeswa, war Aktivist der „Identitären Bewegung Freiburg“ und marschierte in Kandel hinter einem IB-Banner mit einem Hemd der IB. Er ist auch Mitglied der Burschenschaft Saxo-Silesia Freiburg.[68]
* Reimond Hoffmann, trat im Juni 2019 aus der JA aus, vermutlich um einen Ausschluss zuvorzukommen. Davor war er seit Juli 2018 stellvertretender Vorsitzender der Jungen Alternative Baden-Württemberg.[69] Er war Mitarbeiter des IB-nahen und inzwischen eingestellten Arcadi-Magazins[70] und Mitglied der Burschenschaft Saxo-Silesia Freiburg[71].
Mehrere Mitglieder der JA Freiburg nahmen auch an der IfS-Sommerakademie im August 2015 teil. Auf einem Foto dazu tragen zwei das Band der Burschenschaft Saxo-Silesia.[72]
Ein „neurechter“ JA-Funktionär, der offenbar abtrünnig wurde, ist Moritz Brodbeck. Brodbeck war seit Juli 2018 JA-Landesvorsitzender, trat aber am 19. November 2018 aus der JA aus. Dies geschah als Reaktion auf die Beobachtung der JA durch den Inlandsgeheimdienst „Landesverfassungsschutz“. Er schrieb sein Austritt sei die Reaktion auf die VS-Beobachtung, eine „bedauerliche, aber letztlich nur logische Konsequenz fortgesetzten Fehlverhaltens eines nennenswerten Teils der baden-württembergischen JA-Mitglieder“.[73] Dabei sollen laut taz Emails darauf hindeuten, dass er selber früher in der „Identitären Bewegung“ aktiv war.[74] Aktuell arbeitet Brodbeck als Mitarbeiter des Landtagsabgeordneten Joachim Steyer. Verteidigt wurde die IB dagegen von Reimond Hoffmann. Dieser schrieb am 22. Januar 2017. „Die IB wird zu Unrecht vom Verfassungsschutz beobachtet! Wer sich für Deutschland einsetzt ist schon unter Verdacht. Wir müssen die beobachten, die gegen Deutschland sind! Die IB setzt keine Gewalt ein, ist vielmehr kreativ und friedlich.“[75]
Ein wichtiger „neurechter“ Vordenker und Netzwerker ist Michael Paulwitz (* 1965) aus Stuttgart. Er gehört inzwischen zum Pressestab der AfD-Bundestagsfraktion.[76] Er ist Mitglied der Burschenschaft Normannia Heidelberg und war lange Zeit bei den Republikanern aktiv; so war er bis August 2016 stellvertretender Kreisvorsitzender in Stuttgart. Paulwitz schreibt u.a. für „Sezession“ und „Sezession im Netz“, sowie für die „Junge Freiheit“. Zusammen mit Götz Kubitschek war er Autor des Buches „Deutsche Opfer, fremde Täter. Ausländergewalt in Deutschland“. Bei der Burschenschaft Tuiskonia Karlsruhe referierte Paulwitz am 27. Oktober 2016 zum Thema „Kalter Krieg 2.0?“.[77] Interessanterweise war Paulwitz mit einer Stuttgarter Adresse zeitweise Domain-Verantwortlicher für den „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“.[78] Dieser Verein diente dazu, mehrere Millionen Euro in einen Pro-AfD-Wahlkampf zu spülen, ohne deren Spender*innen offen legen zu müssen. An einem Treffen vom „Studienzentrum Weikersheim“ und dem „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ am 25. März 2017 auf der „Burg Lichtenberg“ in Oberstenfeld (Landkreis Ludwigsburg) nahm u.a. Dieter Stein teil.[79]
Einzelne AfD-Abgeordnete zeigen Sympathien für die „Neue Rechte“ wie etwa die AfD-MdB Christina Baum aus, die bis 2021 Landtagsabgeordnete war. In den sozialen Medien sympathisierte sie mit „Ein Prozent“[80], dem IfS und der IB. Zur IB wusste Christina Baum 2016: „Die IB wendet sich gegen Multikulti-Wahn, unkontrollierte Massenzuwanderung und den Verlust der eigenen Identität durch Überfremdung. Nach dieser Begründung müssten mindestens 50% der Bevölkerung beobachtet werden.“[81] Bisher ist sie allerdings kaum durch explizite „neurechte“ Inhalte aufgefallen.
Betriebsrats-Liste „Zentrum Automobil“
Auffällig ist die „neurechte“ Unterstützung für die 2009 gegründete ultrarechte Betriebsrats-Liste „Zentrum Automobil e.V.“ bzw. „Zentrum Automobil“, deren Sitz und Hochburg sich in Stuttgart-Untertürkheim befindet. Das Zentrum kooperiert offiziell seit Dezember 2017 im Rahmen der Kampagne von „Werde Betriebsrat“ mit „Ein Prozent“.[82]Ganz offensichtlich wollte die radikale „Neue Rechte“ auch im Betrieb den rechten Einfluss vergrößern.
So fand im Januar 2018 auch das erste „Kandidaten Seminar“ von „Ein Prozent“ und dem „Zentrum Automobil“ für „oppositionelle Betriebsräte“ statt. Die 18. Winterakademie des „Institut für Staatspolitik“ vom 19. bis zum 21. Januar 2018 widmete sich dem Thema „Wirtschaft – Hegung und Entgrenzung“. Auf ihr wurde die „Betriebsratskampagne“ von „Ein Prozent“ vorgestellt.[83] Anfang Februar 2018 brachte „Ein Prozent e.V.“ im Selbstverlag die „Zeitung Alternative Gewerkschaft“ heraus. Die erste Auflage betrug nach Eigenangabe 60.000 Exemplare.[84] Im Newsletter „Ein Prozent“ vom März 2018 hießt es zu dieser Unterstützung:
Während etablierte Gewerkschaftsfunktionäre längst zu den Erfüllungsgehilfen der Globalisten geworden sind, werden unsere alternativen Betriebsräte dem Raubbau an unserer Volkswirtschaft entgegentreten.[85]
Der „neurechte“ Aktivist Simon Kaupert, Kameramann für das „Zentrum Automobil“, soll zeitweilig in Stuttgart ansässig sein. Kaupert nahm laut Medien-Berichten 2015 an einem Pfingstlager der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ teil und ist seit 2016 Filmer für „Ein Prozent“.[86]
Fazit
Ein Teil der Politik, Medien und Forschung und hat die „Neue Rechte“ im Hintergrund als maßgebliche Akteure und Drahtzieher des sich vollziehenden Rechtsrucks ausgemacht. Ob das in dieser Qualität stimmt, erscheint beim näheren Hinschauen fragwürdig. Die „Neue Rechte“ darf weder unterschätzt werden, noch sollte sie überschätzt werden. Die wichtigsten Impulse des Rechtsrucks in Deutschland kamen eher aus der Mitte der Gesellschaft: Die Veröffentlichung des Buchs „Deutschland schafft sich ab“ von Thilo Sarrazin 2010 und die breite Rezeption seiner eugenischen Thesen. Die Gründung der AfD durch den konservativen Professor Bernd Lucke 2013. Die Formierung von PEGIDA ab 2014 durch die Gruppe um den kleinkriminellen Kleinbürger Lutz Bachmann, der bis dato politisch nie auffällig geworden ist.
Die „Neue Rechte“ hat ihren Resonanzraum seit 2013 erweitern können, vor allem durch die AfD, aber auch durch die extrem rechten Straßen-Bewegungen. Allerdings haben die meisten rassistischen Wutbürger*innen, Abendland-Retter*innen oder Querdenker*innen kaum Interesse an den akademischen „neurechten“ Publikationen und akademischen Strategie-Diskussionen. Auch wenn Personen wie Kubitschek bei PEGIDA mal auf die Bühne gehen und sprechen, trifft der vulgäre Ton von Lutz Bachmann und Co. oft eher die Stimmung im Publikum. Die „Junge Alternative“ und der Höcke-Flügel holen sich hier ihre Inspiration und Ideologie, aber zu glauben die AfD sei komplett auf „neurechten“ Kurs, ist zu einfach.
Baden-Württemberg ist keine Hochburg „neurechter“ Ideologie, aber ein wichtiges Ursprungsland. Zum inhaltlichen Verständnis des in Baden-Württemberg für westdeutsche Verhältnisse besonders erfolgreichen Rechtsrucks – gemeint sind die hohen Wahlergebnisse für die AfD – sollte auch der Einfluss der „Neuen Rechten“ in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen werden.
Allerdings bewegt sich in Baden-Württemberg nur ein Teil der AfD in der Nähe der radikalen „Neuen Rechten“. Zu nennen wären hier etwa die AfD-Bundestagsabgeordneten Christina Baum und Dirk Spaniel.
Auch die beiden baden-württembergischen AfD-Bundestagsabgeordneten Marc Jongen und Alice Weidel traten für das IfS in Schnellroda als Referent*innen auf. Im Februar 2017 referierte Jongen auf der 17. IfS-Winterakademie,[87] und im September 2019 Weidel auf der 20. IfS-Sommerakademie.[88] Offenbar ist beiden eine Annäherung an das radikal „neurechte“ Milieu wichtig genug, um den Gang in das kleine Dorf Schnellroda anzutreten. Zumindest Weidels Auftritt darf auch als symbolisches Zugehen auf das Höcke-Lager verstanden werden.
Andere, wie Jörg Meuthen, grenzen sich von der radikalen „Neuen Rechten“ ab. Mit der realpolitischen „Neuen Rechten“ um die „Junge Freiheit“ herum, hat dagegen grundsätzlich niemand in der AfD ein Problem, höchstens noch der Höcke-Flügel, der die JF wegen deren Kritik an ihrem Flügel ablehnt.
In der öffentlichen Kritik geht die JF inzwischen als irgendwie „rechtskonservativ“ durch und wird wenig beachtet. Dabei ist die Wochenzeitung weiterhin Teil der „Neuen Rechten“, kommt auf leisen Füßen daher, ist aber möglicherweise deswegen gefährlicher als die relativ isolierte radikale Konkurrenz um das „Institut für Staatspolitik“.
[1] Zitiert nach: Armin Pfahl-Traughber: Konservative Revolution und Neue Rechte. Rechtsextremistische Intellektuelle gegen den demokratischen Verfassungsstaat, Opladen 1998, S. 49
[2] Toralf Staud: Moderne Nazis. Die neuen Rechten und der Aufstieg der NPD, Bonn 2006, S. 76
[3] Andreas Speit: Verdeckte Verbindungen, in: taz, 30.01.2017, https://taz.de/Neue-Rechte-und-Medien/!5374860/ (Zugriff: 01.01.23)
[4] Carsten Otto und Joachim F. Tornau: „Thule-Seminar“: Amtsgericht sieht keine Volksverhetzung, in: „Frankfurter Rundschau“, 23.11.2019, https://www.fr.de/rhein-main/thule-seminar-amtsgericht-sieht-keine-volksverhetzung-13241242.html (Zugriff: 01.01.23)
[5] Christchurch-Attentäter spendete mehr an Identitäre als bislang bekannt, in: „Der Standard“, 10.12.2020, https://www.derstandard.de/story/2000122404267/christchurch-attentaeter-spendete-mehr-an-identitaere-als-bislang-zugegeben (Zugriff: 01.01.23)
[6] Volker Weiß: Rechter Bruder der Dschihadisten, in: „Der Spiegel“, 27.07.2011, https://www.spiegel.de/politik/ausland/weltbild-des-norwegischen-attentaeters-rechter-bruder-der-dschihadisten-a-776735.html (Zugriff: 01.01.23)
[7] Zitiert nach: Svenja Reutling: Ein »Zwischentag«, in: „Der Rechte Rand“ Nr. 139, November/Dezember 2012, S. 30
[8] „Der umstrittene Begriff des Faschismus“, Interview mit Roger Griffin. Erschienen in DISS-Journal 13 (2004), https://www.diss-duisburg.de/2004/12/der-umstrittene-begriff-des-faschismus/ (Zugriff: 01.01.23)
[9] Martin Sellner: Der große Austausch in Theorie und Praxis – ein Nachwort von Martin Sellner, in: Renaud Camus: Revolte gegen den großen Austausch, Schnellroda 2016, S.192
[10] Friedrich Sebastian: Der Aufstieg der AfD – Neokonservative Mobilmachung in Deutschland, Berlin 2015, S. 52
[11] Pierre Krebs: Die europäische Wiedergeburt. Aufruf zur Selbstbesinnung, Reihe Thule-Forum Band 2, Tübingen 1982, S. 79
[12] Pierre Krebs: Die europäische Wiedergeburt. Aufruf zur Selbstbesinnung, Reihe Thule-Forum Band 2, Tübingen 1982, S. 85
[13] https://www.fischer-data-science.com/de/medien/junge-freiheit/ (Zugriff: 29.04.2022)
[14] “Bei aller Skepsis: Diesmal hoffe ich!” – Ein Gespräch mit Dieter Stein über die “Alternative für Deutschland”, „Sezession online“, 30. April 2013, https://sezession.de/38464/bei-aller-skepsis-diesmal-hoffe-ich-ein-gesprach-mit-dieter-stein-uber-die-alternative-fur-deutschland (Zugriff: 01.01.23)
[15] Helmut Kellershohn: Sondierungen im Feld der AfD (Teil 1), April 2014, https://www.diss-duisburg.de/2014/04/helmut-kellershohn-afd-sondierungen-i/ (Zugriff: 01.01.23)
[16] Alice Brauner-Orthen: Die Neue Rechte in Deutschland. Antidemokratische und rassistische Tendenzen. Opladen 2001, S. 145
[17] Martin Höxtermann: Schwarz-braune Gespräche?, in: „Neues Deutschland“, 12.11.2002, https://www.nd-aktuell.de/artikel/26422.schwarz-braune-gespraeche.html (Zugriff: 01.01.23)
[18] Dinge schaffen, die zu erhalten sich lohnt, JF-Online, 23. März 2007, https://jungefreiheit.de/politik/2007/dinge-schaffen-die-zu-erhalten-sich-lohnt/ (Zugriff: 01.01.23)
[19] Wolfgang Bendel: Erfolgreiches Intermezzo. António de Oliveira Salazars korporatistisches Staatsmodell, in: „Junge Freiheit“ Nr. 21/19, 17. Mai 2019, S. 12
[20] https://www.facebook.com/NullGender/about/ (Zugriff: 28.04.22)
[21] Exemplar, Privat-Archiv von Lucius Teidelbaum
[22] JF-TV: Jörg Meuthen - Alternative fürs Ländle?, 22.02.2016, https://www.youtube.com/watch?v=ONxuc_GBxKQ (Zugriff: 01.01.23)
[23] Benannt ist der Verlag vermutlich nach der Zeitschrift „Antaios - Zeitschrift für eine freie Welt“, die von Ernst Jünger und dem rumänische Religionswissenschaftler Mircea Eliade 1959 bis 1971 zweimonatlich beim Klett-Verlag veröffentlicht wurden.
[24] Zitiert nach: Im Volltext: Der völkische Nationalismus der NPD, disskursivblog, 13. März 2013, http://www.disskursiv.de/2013/03/13/im-volltext-der-volkische-nationalismus-der-npd/ (Zugriff: 01.01.23)
[25] Johan Falnes: Die Freaks, die Breivik entlasten sollen, „Die Zeit“, 5. Juni 2012, https://www.zeit.de/politik/ausland/2012-06/prozess-breivik-zeugen (Zugriff: 01.01.23)
[26] z.B. Martin Lichtmesz: Ich bin nicht Charlie. Meinungsfreiheit nach dem Terror, Schnellroda 2015
[27] z.B. Stefan Scheil: Polen 1939. Kriegskalkül, Vorbereitung, Vollzug, Schnellroda 2013
[28] z.B. Norbert Borrmann: Die große Gleichschaltung, Schnellroda 2013
[29] Screenshot „Ein Prozent Unterstützer“, 2016, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[30] Mark Breuer: Profilneurotiker mit Selfiestick?, in: LOTTA 73, 23. Januar 2019, https://www.lotta-magazin.de/ausgabe/73/profilneurotiker-mit-selfiestick (Zugriff: 01.01.23)
[31] https://taz.de/!5116180/Zitiert nach: Andreas Speit: Lufthoheit über den Seminaren, in: taz, 17.07.2011, (Zugriff: 01.01.23)
[32] Jens Breuer, Ernst Kovahl, Maria Reuß und Patrick Schwarz: Who-is-Who, in: Der Rechte Rand Nr. 157, 2015, S. 16
[33] Einige „Neue Rechte“ um den Burschenschafter Sascha Jung versuchten innerhalb der Jusos den nationalistischen, sozialdemokratischen „Hofgeismarer Kreis“ aus der Weimarer Republik als provokativen Akt wiederzubeleben.
[34] So ziert das „Colosseo quadrato“, eine Ikone faschistischer Architektur Italiens, das Cover vom im Jungeuropa-Verlag erschienenen „neurechten“ Szene-Roman „Europa Power brutal“ von John Hoewer. Oder im Antaios-Verlag erschien 2014 die deutsche Übersetzung „Wir gegen euch“ von Domenico di Tullio, einer Führungsfigur der neofaschistischen „Casa Pound“-Bewegung.
[35] Armin Pfahl-Traughber: Texte zur neurechten Ideologie, Endstation Rechts, 30. Oktober 2020, https://www.endstation-rechts.de/news/texte-zur-neurechten-ideologie (Zugriff: 01.01.23)
[36] https://www.kopp-verlag.de/a/charakterwaesche (Zugriff: 28.04.2022)
[37] Nach einer großen Austrittswelle ab 2012 verfügt die „Deutsche Burschenschaft“ nur noch über drei Mitgliedsbünde in Baden-Württemberg: Die Burschenschaft Tuiskonia zu Karlsruhe, die Burschenschaft Normannia zu Heidelberg und die Burschenschaft Saxo-Silesia zu Freiburg.
[38] Erik Lehnert: Sexismus im „Spiegel“, in: „Sezession im Netz“, 14.11.2011, https://web.archive.org/web/20111116130750/http://www.sezession.de/28762/sexismus-im-spiegel.html
[39] „Antifaschistische Initiative Heidelberg“. PRESSEMITTEILUNG: Antisemitischer Angriff durch Burschenschafter, 07.09.2020, https://de-de.facebook.com/notes/antifaschistische-initiative-heidelberg/pressemitteilung-antisemitischer-angriff-durch-burschenschafter/1672731726213404/ (Zugriff: 01.01.23)
[40] jpz: Burschenschafter sollen Mann antisemitisch beleidigt und mit Gürteln geschlagen haben, Der Spiegel, 08.09.2020, https://www.spiegel.de/panorama/bildung/heidelberg-burschenschafter-sollen-mann-antisemitisch-beleidigt-und-mit-guerteln-geschlagen-haben-a-98e63489-4fc1-4528-906f-9baea39b80cd
[41] https://alemannia-stuttgart.de/semesterprogramm/referenten/ (Zugriff: 28.04.22)
[42] Gespräch des Autors mit einem Beobachter vor Ort
[43] E-Mail-Einladung, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[44] Redaktion Belltower.News: Politische Angriffe von Rechtsaußen, 15. Juli 2013, https://www.belltower.news/zentrum-der-neuen-rechten-in-karben-politische-angriffe-von-rechtsaussen-36224/ (Zugriff: 01.01.23)
[45] eigene Schätzung
[46] Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2020 (PDF), S. 108, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/sicherheit/vsb-2020-gesamt.pdf (Zugriff: 01.01.23)
[47] Sascha Maier: Identitäre besetzen DGB-Haus und provozieren mit Banner, 30.05.2020, https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.corona-demos-in-stuttgart-identitaere-besetzten-dgb-haus-und-provoziert-mit-banner.5b84242a-14ab-45b2-b6fa-099a14bff6a5.html (Zugriff: 01.01.23)
[48] Peter Arnegger (gg): Junge Rechte demonstrieren in Rottweil – friedlich und kaum beachtet, 17. April 2018, https://www.nrwz.de/rottweil/junge-rechte-demonstrieren-in-rottweil-friedlich-und-kaum-beachtet/201313 (Zugriff: 01.01.23)
[49] Aktivistenwochenende Schwaben 2020, https://www.youtube.com/watch?v=8g_4x4BQpGc (Zugriff: 01.01.23)
[50] Timo Büchner: „Aktivistenwochenende“ der Identitären in Baden-Württemberg, Belltower-News, 28. April 2022, https://www.belltower.news/exklusiv-aktivistenwochenende-der-identitaeren-in-baden-wuerttemberg-130519/ (Zugriff: 01.01.23)
[51] red: AfD-Kreisverband mit neuem Vorstand, Eßlinger Zeitung, 20.06.2016, https://www.esslinger-zeitung.de/inhalt.afd-kreisverband-mit-neuem-vorstand.d31f86e4-bd10-4aef-ac42-d2d394d0f1b4.html (Zugriff: 01.01.23)
[52] Zitiert nach: https://identitaereinbochum.noblogs.org/peripetie-afd/ (Zugriff: 28.04.22)
[53] Screenshot Facebook-Präsenz „Peripetie“, 11. Mai 2020, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[54] Eintrag Facebook-Präsenz von Peripetie, 3. April 2022, Screenshot im digitalen Archiv von Lucius Teidelbaum
[55] Vereinsregister-Einsicht „Alternative Help Association“, Stand: Mai 2018
[56] https://www.facebook.com/HilfsprojekteVorOrt/photos/875035022872300 (Zugriff: 24.08.22)
[57] Wochenendbilanz der Polizei vom 24. Januar 2022, https://im.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilung/pid/wochenendbilanz-der-polizei-45/ (Zugriff: 01.01.23)
[58] Olaf Lorch-Gerstenmaier: Identitäre Bewegung marschiert mit, Pforzheimer Zeitung, 02.02.2022, https://www.pz-news.de/pforzheim_artikel,-Identitaere-Bewegung-marschiert-auch-in-Pforzheim-auf-Demonstrationen-mit-_arid,1668602.html (Zugriff: 01.01.23)
[59] Felix Doll, René Ronge: 5.000 Teilnehmer bei Corona-Demo, 31. Jan. 2022, https://bnn.de/pforzheim/pforzheim-stadt/500-teilnehmer-bilden-menschenkette-parallel-zu-corona-demo-in-pforzheim (Zugriff: 01.01.23)
[60] Dieter Stein: In eigener Sache. Streiflicht, „Junge Freiheit“, 11.09.2014, https://jungefreiheit.de/debatte/streiflicht/2014/in-eigener-sache-2/ (Zugriff: 01.01.23)
[61] Begrich, David (Miteinander e.V.): Was Pegida verändert hat? Alles, 2016, https://www.boell.de/de/2016/05/19/was-pegida-veraendert-hat-alles
[62] Zitiert nach: Alexander Häusler: Partei des völkisch-autoritären Populismus, in: „der rechte rand“ Nr. 174 - September / Oktober 2018, https://www.der-rechte-rand.de/archive/3878/afd-voelkisch-autoritaer/ (Zugriff: 01.01.23)
[63] Screenshot Veranstaltungsankündigung Vortrag „Junges Europa statt Brüsseler Zentralismus“, 30. März 2014, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[64] Foto Daniel Lindenschmid auf „Demo für alle“, 28.02.2016, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[65] Screenshot „Patriotische Plattform“, 2016, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[66] Willi Reiners: Umstrittene Jugendorganisation: AfD-Nachwuchs macht, was er will, „Stuttgarter Nachrichten“, 14.03.2019, https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.umstrittene-jugendorganisation-afd-nachwuchs-macht-was-er-will.aee4a906-11d0-4c49-9b05-dde136a26d76.html (Zugriff: 01.01.23)
[67] Magdalena Zimmermann: Die neue Junge Alternative, „Allgäu Rechtsaussen“, 23. Februar 2021, https://allgaeu-rechtsaussen.de/2021/02/23/die-neue-junge-alternative/ (Zugriff: 01.01.23)
[68] Andre Meister, Anna Biselli, Markus Reuter: Wir veröffentlichen das Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD, Netzpolitik, 28.01.2019, https://netzpolitik.org/2019/wir-veroeffentlichen-das-verfassungsschutz-gutachten-zur-afd/ (Zugriff: 01.01.23)
[69] Anna Hunger: Nazis in der zweiten Reihe, „Kontext: Wochenzeitung“, 27.11.2019, https://www.kontextwochenzeitung.de/politik/452/rechte-in-der-zweiten-reihe-6356.html (Zugriff: 01.01.23)
[70] Marita Wehlus: AfD-Funktionäre unterstützen offenbar Identitäre Bewegung in NRW, Correctiv, 16. August 2018, https://correctiv.org/ruhr/2018/08/16/afd-funktionaere-unterstuetzen-offenbar-identitaere-bewegung-in-nrw/ (Zugriff: 01.01.23)
[71] Martin Himmelheber: „Verdachtsfall Reimond Hoffmann“, NRWZ, 05.03.2021, https://www.nrwz.de/kreis-rottweil/verdachtsfall-reimond-hoffmann/301423 (Zugriff: 01.01.23)
[72] Screenshot Facebook-Präsenz Junge Alternative Freiburg, 30. August 2015, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[73] Verfassungsschutz beobachtet weitere AfD-Jugendorganisation, in: „Zeit Online“, 16.11.2018, https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-11/junge-alternative-deutschland-beobachtung-verfassungsschutz-baden-wuerttemberg (Zugriff: 01.01.23)
[74] Andreas Speit: Unterwandert von den Rechten, in: taz, 07.03.2016, https://taz.de/Rechtsextremisten-in-der-AfD-Jugend/!5284408/ (Zugriff: 01.01.23)
[75] Anna Hunger: Nazis in der zweiten Reihe, „Kontext: Wochenzeitung“, 27.11.2019, https://www.kontextwochenzeitung.de/politik/452/rechte-in-der-zweiten-reihe-6356.html (Zugriff: 01.01.23)
[76] https://afdbundestag.de/presse/ (Zugriff: 18.08.22)
[77] Kevin Müller: Quergedacht – Neues aus der Kornblumenstraße, in: „Burschenschaftliche Blätter“ 4/2016, S. 20
[78] Sven Becker und Sven Röbel: Die Swiss-Connection der AfD, in „Der Spiegel“ 37/2016, https://www.spiegel.de/politik/die-swiss-connection-der-afd-a-c5c6aaa8-0002-0001-0000-000146740009 (Zugriff: 01.01.23)
[79] Timo Büchner: 40 Jahre „Studienzentrum Weikersheim“, Belltower-News, 14. August 2017, https://www.belltower.news/40-jahre-studienzentrum-weikersheim-vernetzung-nach-rechtsaussen-44986/ (Zugriff: 01.01.23)
[80] Screenshot Instagram-Account Christina Baum, 12.12.2020, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[81] Screenshot Zitat Christina Baum von Homepage „Der Flügel“, 2016, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[82] Werde Betriebsrat: Kandidaten–Seminar (mit Video!), 09.01.2018, https://www.einprozent.de/blog/werde-betriebsrat-kandidatenseminar-mit-video/2217 (Zugriff: 01.01.23)
[83] Einladung 18. IfS-Winterakademie Februar 2018, PDF-Version, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[84] Tim Ackermann: „Den sozialistischen Auftrag übernehmen,…. … den die Linke verraten hat“, in: DISS-Journal 35, Juli 2018, https://www.diss-duisburg.de/2018/07/den-sozialistischen-auftrag-uebernehmen/ (Zugriff: 01.01.23)
[85] Newsletter von „Ein Prozent e.V.“, 17.01.2018, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[86] Anna Hunger: Mitte der Gesellschaft, Kontext: Wochenzeitung, 16.06.2021, https://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/533/mitte-der-gesellschaft-7553.html (Zugriff: 01.01.23); Christian Fuchs: Ein inszenierter Aufstand: Wie Rechtsextreme versuchen, die Anti-Corona-Proteste für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, „Die Zeit“, 13. Januar 2022, https://www.zeit.de/2022/03/corona-proteste-rechtsextremismus-identitaere-bewegung (Zugriff: 01.01.23)
[87] Einladung 17. IfS-Winterakademie Februar 2017, PDF-Version, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum
[88] Einladung 20. IfS-Sommerakademie September 2019, PDF-Version, digitales Archiv von Lucius Teidelbaum