Es bewegt sich was. Erstmals in Deutschland regieren trans Personen offen mit und das fürchterliche Transsexuellengesetz wird, zumindest laut Koalitionsvertrag, demnächst abgeschafft. Doch auch im Alltag der (politischen) Bildung lässt sich noch einiges tun. Dieser Text gibt einen Überblick, wie öffentliche Veranstaltungen und Räume gewaltfrei gestaltet werden können. Das Wissen ist längst da und aufgeschrieben, wir müssen es nur anwenden.
Feministische Stadtkritik ist ein Forschungsfeld, das sich seit der zweiten feministischen Welle/ Frauenbewegung mit der Frage beschäftigt, wie geschlechtliche Zuschreibungen den Raum um uns beeinflussen. Dass marginalisierte Menschen, wie trans Personen prinzipiell auch räumlich eingeschränkt werden ist eines der Forschungsergebnisse. Es gibt nur wenige Räume, in denen sie sich sicher und wohl fühlen können und gerade im öffentlichen Raum ist häufig kein freies Bewegen möglich. Barrieren existieren nicht nur als fehlende Infrastruktur, sondern auch in Form von Diskriminierung und Gewalt, die das Betreten von Räumen erschweren oder gar verhindern.
Im Falle von trans Personen kann sich Diskriminierung und Gewalt völlig unterschiedlich darstellen, vor allem, wenn eine Person mehrfachdiskriminiert, also beispielsweise von Transfeindlichkeit und Rassismus betroffen ist. Neben physischer Gewalt existieren für trans Personen spezifische Formen psychischer Gewalt, die ein Sein in cis-normativen Räumen erschweren können. Diese Gewalt wird sowohl durch Personen, als auch Institutionen ausgeübt.
Institutionen gilt es daher zu transformieren. Vorschläge für die Umsetzung von Transsensibilität am Arbeitsplatz macht die Berliner Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung mit dem Projekt Trans in Arbeit. SCHLAU NRW zeigt, wie Schulen transfreundlicher werden können und die AG trans*emanzipatorische Hochschulpolitik bietet eine ganze Materialsammlung zur transsensiblen Gestaltung von Hochschulen, darunter die Broschüre „Inter* und Trans* an der Hochschule“ - Informationen zum kompetenten Umgang mit Inter*- und Trans*studierenden für Entscheidungsträger*innen an Hochschulen“.
Auch auf persönlicher Ebene im Alltag kann angesetzt werden. Das fordert ein Umdenken bei jeder einzelnen Person: Wie trage ich zur Erhaltung der aktuellen gesellschaftlichen Macht- und somit Raumstrukturen bei und was kann ich tun, um dies zu verändern? Es gilt Awareness zu entwickeln.
Transsensible Veranstaltungen, wie soll das gehen?
Bereits beim Lesen der Veranstaltungsankündigung wird sichtbar, ob sich Veranstalter*innen ernsthaft Gedanken über Transsensibilität gemacht haben. Bedenklich wird es dann, wenn Begriffe aus Political Correctness benutzt werden, selbst wenn sich die Organisator*innen nicht ernsthaft darüber Gedanken gemacht haben, was es konkret bedeutet zu behaupten, eine Veranstaltung wäre transsensibel. Ein prominentes Beispiel ist die Verwendung des Begriffs Frauen*, mit der Intention trans Frauen einzubeziehen. Die transgeniale f_antifa dekonstruiert, warum diese Schreibweise mit besagter Intention im Hinterkopf transfeindlich ist: Das Sternchen differenziere trans Frauen von dem Begriff „Frauen“ und impliziere damit, dass sie keine richtigen Frauen seien. Zudem würden damit, wie z. B. beim Begriff Frauen*Kampftag, eine Reihe von Personen bezeichnet, die sich keinesfalls als Frauen sehen, aber dennoch von den Diskriminierungsstrukturen betroffen sind, welche an diesem Tag kritisiert werden. Es handelt sich dabei um eine cissexistische, gewaltvolle Fremdzuschreibung gegenüber z. B. trans Männern, a-binären Menschen und intergeschlechtlichen Personen. Daher sind viele Veranstalter*innen mittlerweile dazu übergegangen den 08. März als „feministischen Kampftag“ zu bezeichnen.
Die eigenen Wissenslücken transparent zu machen ist besser, als in Kauf zu nehmen, dass Menschen diskriminiert werden, bzw. auf Diskriminierung nicht angemessen reagiert werden kann. Dies gilt generell für das Schreiben über trans/ a-binäre Identitäten. Der von TRIQ herausgegebene Reader „Trans in den Medien“ zeigt, wie informierte Textproduktion funktionieren kann.
Welche konkreten Möglichkeiten gibt es?
Awareness-Konzepte sind bei vielen feministischen Veranstaltungen bereits implementiert. Sie beinhalten die politische Positionierung des Orga-Teams und Vorstellungen zur praktischen Umsetzung von Antidiskriminierung. Dabei wird optimaler Weise versucht, die verschiedensten Diskriminierungsformen mitzudenken, um das Event für alle Teilnehmenden so sicher wie möglich zu machen. Auch unabhängig von Veranstaltungen macht es Sinn, sich mit der gewünschten Atmosphäre in einem Raum/ einer Gruppe zu beschäftigen und ein auf die Situation zugeschnittenes Awareness-Konzept zu entwickeln.
Eine der bekanntesten Praktiken in diesem Kontext ist die Aufstellung eines möglichst diversen A-Team (Awareness-Team bzw. Ansprech-Team). Die Organisator*innen des IN*VISION Festivals beschreiben: „Das Awareness-Team versteht es als seine Aufgabe euch zur Seite zu stehen bei allen Aushandlungen von für euch schwierigen oder grenzverletzenden Situationen [...]“. Im Optimalfall ergründet das A-Team vor der Veranstaltung die gegenseitigen Stärken und Schwächen und verteilt Aufgaben. So können die Mitglieder in Krisensituationen schnell und nachhaltig handeln. Wie bei der Zusammensetzung des Orga-Teams sollte sich die Diskriminierungsbetroffenheit der erwarteten bzw. erwünschten Teilnehmenden in den Mitgliedern des A-Teams spiegeln. Mehr Wissen über spezifische Betroffenheit kann zu einem sensibleren Umgang im Diskriminierungsfall beitragen.
Ein transsensibles Raumkonzept beinhaltet auch ein Umdenken bezüglich des physischen Raums. Dazu gehören alternative Toilettenbeschilderungen, welche zu einer sichereren Atmosphäre für trans/ a-binäre Personen beitragen können. Es lohnt sich ein Blick auf die Vorschläge aus der Aktionswoche All-Gender-Toiletten. Ausgewiesene Rückzugsräume und die Sichtbarmachung von Policies im Raum, z. B. durch Plakate, beeinflussen die Atmosphäre. So werden die Teilnehmenden selbst zur Umsetzung des Awareness-Konzepts und zum Handeln im Fall von Gewalt animiert. Ein sensibles Deko-Konzept trägt zur empfundenen Atmosphäre bei. Dazu kann gehören rosa-blau Ästhetiken und geschlechtsspezifische Deko-Items zu vermeiden. Feedbackmöglichkeiten tragen dazu bei, zukünftige Veranstaltungen noch sicherer zu gestalten.
Safe im Digitalen Raum
Auch digitale Räume sind nicht safe. Gerade seit die Online-Kommunikation wegen der Corona-Pandemie stark zugenommen hat, lohnt sich ein Blick auf Tools, mit denen sie diskriminierungssensibler gestaltet werden kann. Triggerwarnungen sind sinnvoll. Wenn TERFs erwartet werden, haben Veranstalter*innen bei Zoom alle Möglichkeiten: von Bild-, Ton- und Chat-Disablen, bis hin zu anonymisierten Fragetools wie Tellonym. Als cis Person das eigene Pronomen bei Zoom in Klammern hinter den Namen zu schreiben zeigt Solidarität und wirkt gegen das Exponieren von trans/ a-binären Personen in digitalen Räumen wie Online-Seminaren.
Veränderung muss nicht anstrengend sein. Sie kann sich in einer respektvollen Geste, wie der Verwendung des selbstgewählten Namens und Pronomens einer trans Person zeigen. Sie spiegelt sich in der Offenheit für die Perspektiven marginalisierter Menschen, anstatt im Beharren auf biologistischen, pathologisierenden und vorurteilsbehafteten Denkmustern. Dazu kann gehören, sich zu belesen, Videos zu schauen, Beratung in Anspruch zu nehmen, sowie Workshops und Vorträge, z. B. zum Thema Trans Verbündetenschaft, zu besuchen. Dies sind nur einige der vielen Möglichkeiten, Räume trans- bzw. generell diskriminierungssensibel zu gestalten. Der Schlüssel ist die Bereitschaft zur eigenen Weiterbildung.